06 / 2006 Schleichwerbung in der ARD

Ratsrüge gegen die Arbeitgeber-Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)
 

Der Vorfall:
 
Die Arbeitgeber-Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)hat gegenüber epd medien (Nr. 73, 17.9.05, S. 27-30) zugegeben, im Jahr 2002 in acht Fällen bezahlte Themenplacements in der ARD-Serie „Marienhof“ erwirkt zu haben. Dies korrespondiert mit den Einträgen in den Listen der ARD-Clearingstelle. Dort werden allerdings nur sieben Placements angeführt.
 
Mit der Abwicklung der Themenplacements wurde die H.+S. Unternehmensberatung, München, beauftragt, die über ihre Schwesterfirma Kultur + Werbung (K+W) insgesamt 58.670,14 EUR an die Produktionsfirma Bavaria Sonor weiterleitete.
 
Aus den Antworten der INSM auf die Anfragen des DRPR geht der Ablauf der Themenplatzierung eindeutig und glaubhaft hervor. Danach trat die H.+S. mit „dem Angebot einer kommunikativen Beratung für Placements in der ARD-Serie ,Marienhof’“ an die INSM heran. Nach Beauftragung hat die H.+S. der INSM Themenvorschläge und Treatments zur Abstimmung vorgelegt. Dabei habe der Vermittler immer wieder versichert, dass „diese Form der Zusammenarbeit im Einklang mit dem Rundfunkstaatsvertrag“ stehe.
 
Nach nur wenigen Monaten habe die INSM die Zusammenarbeit mit H.+S. beendet, „da sich die Schwerpunkte der Arbeit der INSM verschoben hatten.“ Wie schon in einer schriftlichen Stellungnahme der INSM vom 23.9.05 räumt der Geschäftsführer der INSM auch gegenüber dem DRPR ein, dass das Engagement in „Marienhof“ ein Fehler war, den die Initiative bedauert. Selbstverständlich sehe die INSM keine Basis mehr für solche oder ähnliche Kooperationen.
 
Schon bei den Recherchen von epd medien hatte sich die INSM sehr kooperativ gezeigt und die Schnittprotokolle der Sendefassung mehrerer Episoden zur Verfügung gestellt (epd medien, aaO.). Auch die Anfragen des DRPR beantwortete sie umgehend und ausführlich. Dies sei ausdrücklich lobend erwähnt.

 
Das Urteil
 
Berlin, 9. Mai 2006: Schleichwerbung stellt eine unzulässige Form der Zuschauerbeeinflussung dar. Sie ist nicht nur durch die Rundfunkstaatsverträge verboten. Auch der PR-Code de Lisbonne (Art. 4) und eine Verhaltensrichtlinie des DRPR zu Schleichwerbung und Product Placement gebieten offene und leicht als solche erkennbare Werbemaßnahmen. Diese Offenheit wurde bei den Themenplacements der INSM vermieden.
 
Der DRPR spricht gegenüber der INSM als Auftraggeber der durch den Vermittler H.+S. durchgeführten bezahlten Themenplacements eine öffentliche Rüge aus.
 
Das Verhalten der H.+S. Unternehmensberatung wird im Zusammenhang mit weiteren Fällen in einem separaten Verfahren en bloc behandelt.
 

Die Urteilsbegründung
 
Die INSM hat sich hinsichtlich der Aufklärung ihres Engagements bei „Marienhof“ vorbildlich verhalten. Auch die schnelle und klare Distanzierung von diesen Vorgängen verdient Lob und Anerkennung. Dennoch bleibt festzuhalten, dass sie bezogen auf acht Themenplacements in der ARD-Vorabendserie in Zusammenarbeit mit der H.+S. Unternehmensberatung Schleichwerbung betrieben hat.
 
Ob die H.+S. als Vermittler dieser Schleichwerbung ihre Vorgehensweise möglicherweise falsch dargestellt bzw. eingeordnet hat und damit die INSM zu unzulässiger Schleichwerbung verleitet hat, kann und muss von Seiten des Rats nicht weiter untersucht werden. Ein solcher Sachverhalt würde die INSM nach Ansicht des DRPR auch nicht freisprechen. Sie war für die Folgen ihres Handelns voll verantwortlich.
 
Der DRPR lässt sich dabei von dem Grundsatz leiten, dass tatsächliche oder behauptete Unwissenheit nicht vor einer Rüge schützt. Es darf professionell handelnden Personen zugemutet werden, sich mit den für sie einschlägigen Regeln und Normen vertraut zu machen und ihre Dienstleister entsprechend zu verpflichten und zu kontrollieren.