09 / 2007 Üble Nachrede

Ratsrüge gegen Gert Schukies
 

Der Vorfall:
 
Der Kommunikationsberater Dr. Gert Schukies hat, wie durch Gerichtsurteil festgestellt, bei einem ehemaligen Stasi-Offizier ein Dossier über den österreichischen Verleger Johann Oberauer in Auftrag gegeben und Redaktionen zur Veröffentlichung zugeleitet. Der PR-Rat hatte aus der Nichtbeachtung dieses Materials auf dessen Belanglosigkeit geschlossen und daher von einer Rüge abgesehen (Ratsspruch 2005/5).
 
Der Verleger Johann Oberauer hat dem PR-Rat jetzt das Dossier zugänglich gemacht und darauf hingewiesen, dass es Unterstellungen enthalte, die ihm schaden und seinem Haus den wirtschaftlichen Ruin hätte bringen können.
 
Eine Prüfung des Dossiers ergab, dass es neben sehr vielen Hintergrundinformationen über die Rolle österreichischer Journalisten im Kalten Krieg nur zwei Hinweise auf Überlegungen enthielt, wie der Auslandsnachrichtendienst der DDR den jungen Journalisten Oberauer für seine Zwecke dienstbar machen wollte. Von diesem selbst enthält das Dossier kein einziges Zeugnis. Gleiches gilt von der im Dossier ausgesprochenen Vermutung einer Anbindung Johann Oberauers an den KGB.
 
Das Urteil:
 
Berlin, 18. August 2007. Das Dossier des Dr. Gert Schukies arbeitete mit Unterstellungen und Vermutungen, die offensichtlich das einzige Ziel hatten, der darin genannten Person zu schaden. Das widerspricht jeder fairen Kommunikation. Der PR-Rat spricht daher gegen den Kommunikationsberater Dr. Gert Schukies eine öffentliche Rüge aus. Der Ratspruch 2005/5 wird kassiert (s. Anhang).
 
Grundlage des neuen Ratsspruchs sind Artikel 11 und 12 des Code d’Athenes: Jedes Mitglied (der angeschlossenen PR-Verbände) soll es unterlassen
 
• Informationen aus unkontrollierten oder unkontrollierbaren Quellen zu verbreiten (Art. 11) und
• sich für Aktionen oder Vorhaben herzugeben, die gegen die Moral verstoßen, die Menschenwürde verletzen oder in den Bereich der Persönlichkeit eingreifen (Art. 12).
 
Die Urteilsbegründung:
 
Das Dossier enthält nur Hinweise darauf, dass man die Mitarbeit des jungen Journalisten J.O. „angedacht“ habe. Dass dies nicht gelang, darf daraus geschlossen werden, dass das Dossier darüber nichts verlautet. Es wird jedoch unterstellt. Auch die im Dossier ausgesprochene Vermutung, durch den KGB hätte es einen „geheimdienstlichen Hintergrund von J. O.“ gegeben, ist durch keinen Fakt belegt. Die Sätze sind so schleier-haft formuliert, dass ihre Verfasser offensichtlich damit rechneten, irgendetwas davon werde schon an der Person J. O. hängen bleiben.*
 
Das Bielefelder Landgericht hatte am 15. Dezember 2004 Dr. Gert Schukies als Auftraggeber des Dossiers zur Zahlung eines Honorars von 12.500 E an dessen Verfasser ver-urteilt. In der Gerichtsverhandlung war auch von der Mittäterschaft des Verlegers Rommerskirchen die Rede. Dieser handelte dabei jedoch eindeutig als Verleger. Der PR-Rat erachtete sich daher wie schon in seinem ersten Verfahren 2005 für dessen Verhalten als nicht zuständig.
 
* O’Ton Dossier: Die HVA-Idee, sich solchen Leuten wie der Prinzessin und Johann Oberauer zu widmen, stammt aus dem Denkansatz zum „Europäischen Haus“. Als politische Formel hatte dies die Konsequenz, mehrere überregionale Pressedienste zu bilden. Diese Aktivitäten wurden innerhalb der HVA unter der Aktion „Pool“ zusammengefasst… Interessant, aber nur eine Vermutung: Da die“Pool“-Idee von den Russen (KGB) stammt, das neue Medium Internet damals noch keine Rolle spielte – ist das aktuelle Geflecht J.O. die Weiterführung dieses Ansatzes mit den Russen auf moderner Ebene? Diese Frage ist durch den geheimdienstlichen Hintergrund von J.O. durchaus zu stellen.
 
 
 
Anhang: Der Ratsspruch 2005/5: Dossiers erstellen und Redaktionen zuleiten
 
Der Vorfall: Der PR-Rat wurde gebeten zu prüfen, ob es gegen die guten Sitten und gegen die Standesregeln verstößt, mit einem Dossier einen unliebsamen Zeitgenossen schädigen zu wollen, selbst wenn der recherchierende Journalismus häufig solche Dossiers als Quellen benutzt.
 
Ergebnis der Ermitlungen: Gerichtsberichte in der Berliner Zeitung und in der Süddeutschen Zeitung, die beide am 16.12.04. erschienen, schrieben den Herrn Gert Schukies und Thomas Rommerskirchen die Beschaffung und Weitergabe eines Dossiers mit belastenden Stasi-Informationen über den österreichischen Verleger Oberauer zu. Die Herren Schukies und Rommerskirchen haben auf die Ratsanfragen bzw. –mitteilungen nicht reagiert. Der PR-Rat mußte seine Feststellungen daher aufgrund der vorliegenden Presseberichte treffen. Er stellte fest:
 
– Herr Schukies war zum Zeitpunkt der Tat – laut SZ-Bericht: am 14.10.03. – ein PR-Berater, da er zumindest nach früherer Selbstauskunft gegenüber der Presse noch Beraterfunktionen bei der Post innehatte. Der PR-Rat hat sich daher für seinen Fall als zuständig zu betrachten.
 
– Herr Rommerskirchen hat offensichtlich ebenso wie Herr Schukies mit dem Dossier operiert. Er handelte dabei jedoch ganz eindeutig als Verleger. Der PR-Rat erachtet sich für dessen Verhalten daher als nicht zuständig.
 
– Ob Herr Schukies als Privatmann gehandelt hat, wie es seine Auskunft vor Gericht nahelegt, erscheint dem Rat zweifelhaft, aber nicht überprüfbar. Dass seine Tat ein „Schlaglicht auf das Treiben einflußreicher PR-Berater“ werfe (SZ vom 16.12.04.), muß als Pressekommentar hingenommen werden.
 
Das Urteil: Das von Herrn Schukies bestellte Dossier über den österreichischen Verleger Oberauer enthielt vermutlich keine nachrichtenrelevanten abträglichen Inhalte. Andernfalls hätte das Wiener Magazin PROFIL sie ausgeschlachtet. Der Rat folgert daraus, dass es keine unwahren Unterstellungen enthielt, die eine Verurteilung nahelegen müssten.