02 / 2005 Sittlich anfechtbare Empfehlungen einer Beratungsgesellschaft

Missbilligung des Verhaltens der Firma Mc Kinsey
 
Der Vorfall:
 
Die Beratungsfirma McKinsey empfiehlt öffentlich ein aggressives Lobbying zu Gunsten der Aufhebung des europäischen Schleichwerbungsverbots
 
Die Ermittlungen
 
Im Auftrag von film20, einer Interessengemeinschaft deutscher Filmproduzenten, hat die Beratungsgesellschaft McKinsey & Company eine Untersuchung durchgeführt, die „Prognosen, Entwicklungsszenarien und Handlungsbedarf“ für Filmproduktionsfirmen beinhaltete. Diese Studie wurde der Öffentlichkeit im Rahmen der Münchener Medientage 2004 am 15. Oktober 2004 präsentiert und liegt dem Rat vor. Sie enthielt erstens die Empfehlung, dass „die im Rundfunkgesetz verankerten Einschränkungen für Produktwerbung in Fernsehproduktionen weitgehend beseitigt werden.“ Und zweitens erachtete sie den Handlungsspielraum für Produzenten (und Sender) durch das Verbot von Schleichwerbung als rechtlich so eingeschränkt, dass Veränderungen hier wünschenswert wären.
 
Das Urteil
 
Bonn, den 21. März 2005 Der PR-Rat erachtete es mit einem Stimmenverhältnis von 6: 1 für einen Akt der Meinungsfreiheit, sich für ein prononciertes Lobbying zugunsten der Aufhebung des Verbots der Schleichwerbungen einzusetzen. Es sei ein Unterschied, wie hier geschehen, offen und förmlich gesetzliche Änderungen vorzuschlagen statt dazu zu raten, heimlich bestehende Regeln zu unterlaufen.
 
Minderheitsvotum
 
Eine abweichende Stellungnahme hob dagegen hervor: Der Ratschlag, mit der Abschaffung der Transparenz jeder Werbebotschaft die Grundordnung der heutigen Informationsgesellschaft aufzuheben, ist unzulässig. Erschwerend kommt hinzu, das McKinsey zugegebenermaßen seinen Text „sehr plakativ“ abgefasst hatte, um die adressierten Filmproduzenten zu einem aktiven Lobbying für eine Aufhebung der Schleichwerbung zu bewegen. Damit sei mehr als eine Gedankenspielerei bezweckt, nämlich eine Aktion. Das sei der Tatbestand eines zu rügenden Fehlverhaltens.
 
Statt einer Rüge beschloß der Rat einstimmig die folgende Stellungnahme:
 
Der PR-Rat kritisiert aufs Schärfste die Empfehlung des McKinsey-Gutachtens für die Arbeitsgemeinschaft Film20, durch ein aggressives Lobbying bei den gesetzgebenden europäischen und deutschen Institutionen eine Lockerung oder gar die Aufhebung des Schleichwerbungsverbots zu erreichen. Der PR-Rat hält das Schleichwerbungsverbot für sinnvoll, wichtig, gut begründet und ethisch vernünftig.