04 / 2007 Schleichwerbung bei SAT 1

Rügen gegen W. Spitzner Arzneimittelfabrik GmbH und gegen Connect-TV
 
Berlin, 22. Februar 2007. Ein Artikel der Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung (SZ) vom 29.09.2005 hatte die Kooperation der W. Spitzner Arzneimittelfabrik GmbH mit dem SAT 1-Frühstücksfernsehen zum Gegenstand. Darin wurde beschrieben, wie der Beitrag „Reiseapotheke“ zwischen der Firma und dem TV-Vermittler im Detail abgesprochen wurde. Ein von der Firma vertriebenes Wurzelextrakt wurde ausführlich dargestellt. Der mit der Produktion beauftragte Fernsehjournalist hatte die Firma auch um ihr „Einverständnis“ für den von SAT 1 geplanten Sendetermin gebeten. Ausweislich der Inkasso-Listen des Vermittlers Connect TV zahlte Spitzner dafür 20.000 EUR.
 
Ein von Spitzner beauftragter Rechtsanwalt beantwortete die Bitte des DRPR um Bestätigung oder Richtigstellung der geschilderten Sachverhalte nur kursorisch. Die Firma habe Informationen zur Verfügung gestellt und es den Medien freigestellt, diese aufzugreifen. Einflussnahmen hätten nicht bestanden.
 
Das Urteil
 
Der DRPR sieht keine Veranlassung, an den von der Firma geleisteten Zahlungen zu zweifeln, zumal sie von ihr nicht ausdrücklich in Abrede gestellt wurden. Er sieht daher den Tatbestand unzulässiger Schleichwerbung als gegeben an.
 
Schleichwerbung stellt eine unzulässige Form der Zuschauerbeeinflussung dar. Sie ist nicht nur durch die Rundfunkstaatsverträge verboten. Auch der PR-Code de Lisbonne (Art. 4) und eine Verhaltensrichtlinie des DRPR zu Schleichwerbung und Product Placement gebieten offene und leicht als solche erkennbare Werbemaßnahmen.
 
Der DRPR spricht gegen W. Spitzner Arzneimittelfabrik GmbH wegen der nicht transpa-renten Platzierungen von Themen und Experten auf SAT.1 eine offizielle Rüge aus.
 
Die vermittelnde Agentur Connect-TV trifft wegen ihrer beraterischen Verantwortung eine besondere Schuld. Ihr Verhalten rügt der Rat daher ebenfalls ausdrücklich.
 
Die Urteilsbegründung
 
Die Geschäftsmodelle des TV-Vermittlers Connect-TV mit seinen Partnern glichen sich bis hin zum Honorar pro Einzelsendung. Sie wurden im Bericht der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland Pfalz vom 21.12.2005 detailliert beschrieben: Die Beiträge „durften redaktionell nicht weiter bearbeitet werden und die Sendetermine für ihre Ausstrahlung wurden ebenfalls von den Agenturen vorgegeben.“ SAT 1 erhielt wie von den anderen Geschäftspartnern der Connect-TV vermutlich ebenfalls 50% der Honorare der Spitzner Arzneimittelfabrik GmbH.
 
Der Sender SAT.1 ist für sein Fehlverhalten öffentlich bestraft worden. Alleine kann er aber nicht schuldig gewesen sein. Auch die mit ihm kooperierende Agentur Connect TV wird nicht ohne Zustimmung ihrer Geschäftspartner gehandelt haben.
 
Bezüglich der in Locarno residierenden, bis 2003 aber vornehmlich in Deutschland tätigen Connect TV verweist der PR-Rat auf sein Urteil vom 18.12.06. Zum Zeitpunkt der Platzierungen stand diese Agentur unter der Leitung der deutschen Staatsbürger Wolfgang Overthun und Hans-Joachim Müller und der Österreicherin Michaela Wölfler.