06 / 2007 Mietdemonstranten

Freispruch für die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und comm:up
 

Der Vorfall:
 
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) organisierte, von ihrer PR-Agentur comm:up beraten und unterstützt, am Donnerstag, den 14.12.2006 vor dem Berliner Reichstagsgebäude eine Protestaktion, bei der „170 junge Menschen“, wie es in der Presseinformation der KBV vom 14.12.06. hieß, tausende von Arztkitteln hochhielten. „Den allerletzten Kittel hängte KBV-Chef Köhler an den Nagel.“ Damit sollte auf die Tatsache aufmerksam gemacht werden, dass bislang rund 12.000 Ärzte Deutschland wegen schlechter Arbeitsbedingungen verlassen haben.
 
Die gedruckten Presseinformationen der KBV enthielten keinen Hinweis darauf, dass es sich bei den Kittelhaltern nicht um Ärzte, sondern um Studenten handelte, die dafür mit je 30 E bezahlt wurden. BILD warf der KBV deshalb am Tag danach eine bewusste Täuschung der Öffentlichkeit vor. Bundestagsabgeordnete kritisierten die Aktion und Studenten wandten sich mit der Bitte um eine Stellungnahme zur Zulässigkeit von „Mietdemonstranten“ an den PR-Rat.
 
Das Urteil:
 
Berlin, 15. Juni 2007. Die für die Protestaktion Verantwortlichen konnten in der Ratssitzung am 14.5.07. glaubhaft machen, dass bei ihren Pressegesprächen während des Events auf den Status der Kittelhalter hingewiesen wurde und man den Journalisten so-gar nahe gelegt hatte, mit den bei einem Hostessen-Service angeheuerten Garderobisten zu sprechen. Mit Ausnahme des genannten Mediums enthielten die dem Rat vorgelegten Presseberichte folglich weitgehend korrekte Darstellungen des Sachverhalts.
 
Der Deutsche Rat für Public Relations sprach daher die KBV und comm:up vom Vorwurf der bewussten Täuschung von Öffentlichkeiten frei. Er erachtete die Berliner Protestaktion als eine nachvollziehbare PR-Aktion im Rahmen einer PR-Kampagne und nicht als eine „politische Kundgebung“ mit gemieteten Demonstranten.
 
Allerdings muss auch für PR-Aktionen gelten, dass ihre Abläufe transparent sind. Wegen ihrer zweideutigen gedruckten Presse-Einladungen und -informationen ermahnte der PR-Rat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und ihre PR-Agentur comm:up ein-dringlich, künftig auf unmissverständlichere Wahrnehmungsmöglichkeiten für ihre Bot-schaften und Aktionen zu achten. Das Anmieten von Statisten zu Demonstrationszwecken verurteilt der PR-Rat entschieden und verweist dazu auf seinen Spruch 1999 / 2.