07 / 2007 Täuschung von Öffentlichkeiten durch manipulierte wissenschaftliche Erhebungen

Freispruch für GPRA
 
Der Vorfall:
 
Prof. Dr. Klaus Merten führt Beschwerde gegen die Gesellschaft Public-Relations Agenturen (GPRA) wegen Täuschung von Öffentlichkeiten durch eine zugunsten von GPRA-Mitgliedsagenturen manipulierte Untersuchung über das Ranking der in Deutschland tätigen PR-Agenturen, veröffentlicht im PR MAGAZIN 5 / 2006. Er begründet seine Beschwerde im Einzelnen (wörtliche Anführungen aus dem von ihm vorgelegten Schriftsatz):
 
1. Das Ranking wurde von der GPRA „unterstützt“. Offenbar habe sie damit „auch entschieden, wer das Ranking durchführen soll“. Sie nahm „massiven und offenbar auch manipulativen Einfluss auf die Auswahl des verantwortlichen Wissenschaftlers und die Bewertungsgrundlagen der Studie“.
 
2. In diesem „GPRA-Ranking konnten die zu beforschenden Agenturen auf das Forschungsergebnis selbst Einfluss nehmen, weil sie die Adressen ihrer Kunden für die Befragung zur Verfügung stellen sollten. Sie konnten also selektiv nur die >guten< Kunden nennen“. Prof. Merten leitet daraus den Vorwurf einer strukturellen Manipulation ab.   3. Vorausgegangen war ein Treffen beim Verlag Rommerskirchen, An den Beschwerdeführer „wurde dabei das Ansinnen gestellt, bei den künftigen Rankings (deren Sieger vom PR MAGAZIN dann ausgelobt werden sollten) doch zu versuchen dass unter den Siegern jeweils eine GPRA-Agentur vertreten sei.“ Da er „darauf nicht ansprang, wurde seitens der GPRA offenbar ein anderer, möglichst renommierter Hochschullehrer gesucht.“   4. Die GPRA beantwortete „wissenschaftliche Kritik an der GPRA-Untersuchung mit einer Klage, betreibt also massive Einschüchterung“.   Die Ratsverhandlung:   Prof. Dr. Dr. Josef Hackforth sagt aus, dass er den Auftrag zur Durchführung des Rankings vom Verlag Rommerskirchen erhalten habe. Die GPRA habe darauf keinen Einfluss gehabt. Auch die Wahl der geeignetesten Untersuchungsmethode sei von ihm getroffen worden; weder die GPRA noch das PR MAGAZIN hätten darauf Einfluss genommen. Das Ranking sei sach- und fachgerecht sowie repräsentativ durchgeführt worden. Das Ergebnis wurde von der TU München sowie durch den Auftraggeber über-prüft. Es lasse auch keine Bevorzugung von GPRA-Agenturen erkennen. Unter den ersten 10 Siegern seien nur der vierte und der siebente ein GPRA-Mitglied.   Der für die Untersuchung verantwortliche PR-MAGAZIN-Redakteur Wolf-Dieter Rühl bestätigt die Aussage von Prof. Hackforth, dass keinerlei Beeinflussung seitens der GPRA stattgefunden habe. Die Ergebnisse der TU München seien direkt an die Redaktion und nicht an die GPRA-Verantwortlichen übermittelt worden. Weder er selbst noch der Verlag haben über die kompletten Untersuchungsdaten verfügt. Und ausschließlich die Mitarbeiter der Projektgruppe haben von der TU München ein Honorar erhalten.   Von Thomas Rommerskirchen, dem Chefredakteur des Magazins wird ein Schreiben vom 9. November 2006 vorgelegt und zitiert, „dass entgegen der Aussage von Prof. Klaus Merten das von uns an Prof. Dr. Hackforth in Auftrag gegebene Agenturbarometer 2006 weder von der GPRA noch von GPRA-Agenturen finanziert oder mitfinanziert worden ist“.   Zu seinem dritten Vorwurf sagt der Beschwerdeführer aus, dass der Wunsch, unter den Siegern des Rankings solle eine GPRA-Agentur vertreten sein, vom Verleger des PR-MAGAZINs vorgetragen wurde. Die Zeugin Elke Neujahr, die als einziges GPRA-Mitglied an dem Treffen teilgenommen hatte, bestätigt diese Aussage. Sie gibt aber zu bedenken, dass man diesen Wunsch nicht als konkreten Untersuchungsauftrag auffassen musste, sondern auch als Ausdruck dafür verstehen konnte, dass es erfreulich wäre, wenn sich unter den Siegern eine GPRA-Agentur befände.   Prof. Merten beschreibt ergänzend den damaligen Kontext: Dem Verleger sei es nach Kenntnis des Beschwerdeführers darum gegangen, neben dem „PR-Manager des Jahres“ auch eine „PR-Agentur des Jahres“ auszuloben und vom Sieger (mit)-finanzieren zu lassen. Der Verleger selbst habe daher offensichtlich Interesse daran gehabt, dass der Gewinner eine der großen GPRA-Agenturen ist. Prof. Merten lässt sich nicht auf die Anschlussfrage ein, ob er seine Beschwerde dann wirklich gegen die GPRA richten könne. Die Feststellung des Ratsmitglieds Manfred Piwinger, dass Prof. Merten den falschen Adressaten beschuldige, bleibt von ihm unwidersprochen.   Für die GPRA selbst wies deren Präsident Dieter Schulze van Loon alle Vorwürfe zurück. Zu einer Klage habe sie sich gezwungen gesehen, da sie sich „wiederholt ungerechtfertigten Angriffen und Vorwürfen von Herrn Prof. Dr. Merten ausgesetzt sah“ (GPRA-Statement vom März 2007).   Vor der Urteilsberatung verlassen die Prozessbeteiligten, darunter alle GPRA-Verteter des PR-Rates, sowie Beteiligte an weiteren Verfahren und Gäste den Sitzungsraum.   Das Urteil:   Berlin, 15. Juni 2007. Der PR-Rat weist die Beschwerde von Prof. Dr. Klaus Merten gegen die Verantwortlichen der GPRA einstimmig zurück. Der PR-Rat kann keinen Täuschungsversuch seitens der GPRA bei den vom PR-MAGAZIN als Ranking vorgestellten Untersuchungsergebnissen erkennen. Nach seiner Auffassung beschuldigte Prof. Merten den falschen Adressaten einer unzulässigen Einflussnahme auf die Ergebnisse der Untersuchung.   Nach den Aussagen der beteiligten Akteure und aufgrund des umfangreichen schriftlichen Materials kommt der PR-Rat auch zu der Überzeugung, dass das Ranking weder von der GPRA beauftragt noch finanziert wurde.   Die Urteilsbegründung:   Der PR.-Rat sieht es nicht als seine Aufgabe an, in einem wissenschaftlichen Methoden-streit über eine eventuelle strukturelle Manipulation bei einer der alternativen Untersuchungsdesigns zu entscheiden. Auch hat er keine Handhabe, die angewandte Methodik wissenschaftlich zu überprüfen. Er hatte nur über den Vorwurf der öffentlichen Täuschung zu entscheiden und demzufolge auf valide Indizien für ein eventuelles Fehlverhalten zu achten.   Prof. Merten habe, so wird angemerkt, nach der Beschwerdeordnung des Rates die Möglichkeit, dem Ratsspruch mit schriftlicher Begründung und unter Vorlage neuer Dokumente zu widersprechen. Der Rat werde dann erneut beraten und abschließend entscheiden.