01 / 1998 Erpressungsfälle

Freispruch für Nestle
 
Der Vorfall:
 
Ein Nahrungsmittelhersteller sollte erpresst werden. Der Täter kündigte dazu an, in sechs eindeutig bestimmten örtlichen Supermärkten genau bezeichnete Lebensmittel vergiftet zu haben. Unter Berücksichtigung der Einschätzung des Täters, seiner ortsbezogenen Tathandlung und deren begrenzter Auswirkung sah die Polizei, um eine „Hysterie der Bevölkerung“ zu vermeiden, von einer bundesweiten Veröffentlichung der Tathintergründe und Tatzusammenhänge ab. Dem Hersteller wurde daraufhin eine „windelweiche Informationspolitik“ vorgeworfen. Man habe die Öffentlichkeit über das Gefahrenpotential im unklaren gelassen.
 

Das Urteil:
 
Der PR-Rat sieht nach Prüfung des Falles keinen Anlass, das Kommunikationsverhalten der Firma und der Polizei zu tadeln. Werden Firmen von Kriminellen erpresst, so obliegt die primäre Informationspflicht der Polizei. Sie hat über Zeitpunkt, Ortsgebundenheit und Ausführlichkeit ihrer Informationen unter Berücksichtigung kriminologischer Erfahrungen zu entscheiden.
 
Die erpressten Firmen werden in der Regel in diese Informationspolitik eingebunden. Unternehmerische und wirtschaftliche Aspekte, die dadurch eingebracht werden, müssen aber den beiden vorrangigen Zielen nachgeordnet bleiben: Unheil zu verhindern und Täter zu fassen. Nach Auskunft der Polizei war das in diesem Fall geschehen (Presseinformation des Polizeipräsidiums Frankfurt 0485 vom 10.4.97)
 
Im Zweifelsfall hat unternehmerische Informationspolitik dem Gebot der Transparenz und Offenheit zu folgen.