Ratsmahnung anlässlich des Falls Viamedia
Der Vorfall:
Die Filmproduktionsgesellschaft Viamedia, eine Tochtergesellschaft der PR-Agentur Kohtes & Klewes, war von der WDR-Redaktion „markt“ mit der Produktion von Filmaufnahmen für eine Sendung über den Grünen Punkt beauftragt worden, die am 26.1.1998 auch ausgestrahlt wurde. Dazu gehörte unter anderem ein Interview mit dem Landrat des Landkreises Lahn/Dill, das am 19.1.1998 zustande kam. Im Begleitkommentar wurde dem Landrat, der ein vom Grünen Punkt abweichendes eigenständiges Entsorgungskonzept verfolgte, vorgeworfen, ökologische Gefahren herunterzuspielen und einem Bonn, gefährlichen Irrtum zu unterliegen. Nach Auskunft des Landrats gegenüber dem DRPR wurde in dem Beitrag unterschlagen, dass der Lahn-Dill-Kreis mit einem Zementwerk lediglich eine versuchsweise Verbrennung von Trockenstabilat abgesprochen hatte.
Die WDR-Redaktion „markt“ übernahm in einer schriftlichen Erklärung die Verantwortung für den Inhalt der Sendung, implizit also auch für die für den Landrat abträglichen Teile. Sie gab in einer ZDF-Sendung vom 6. 6. 1999 jedoch zu, dass sie „über die geschäftliche Verbindung zwischen Viamedia und der PR-Agentur des Dualen Systems nicht Bescheid wusste.“ Die Redaktion werde Viamedia daher künftig keine Aufträge mehr erteilen. In der gleichen ZDF-Sendung räumte Herr Frank Durre von der Firma Visuell Fernsehproduktionen, Berlin, ein, dass er die ihn beauftragenden Sender nie über seine parallele Zusammenarbeit mit dem DSD und K&K informiert hat.
Das Urteil:
Bonn, 17. März 2000. Für den PR-Rat besteht keine letzte Klarheit darüber, wieweit diese Produzenten, wie geltend gemacht wurde, in eigener Verantwortung gehandelt haben. Im zweiten Fall ist davon allerdings auszugehen, da der Produzent Frank Durre auch zugab, doppelte Honorare (vom Sender und vom DSD) kassiert zu haben.
Die Ratsmahnung:
Der PR-Rat nimmt diese Fälle aber zum Anlass zu einer eindringlichen Mahnung an alle PR-Agenturen mit selbständig operierenden Produktionseinheiten. Sie müssen dafür Sorge tragen, dass die auftraggebenden Sender über die Interessengebundenheit der Produktionsfirmen informiert werden. Nach seiner Auffassung liegt hier keine Holschuld der Redaktionen, sondern eine Bringschuld der Produzenten vor. Deren Standesvertretung sollte prüfen, ob der Artikel 4 des Code de Lisbonne (s.o.) nicht auch für sie gelten muss; sie sollte dann entsprechende Regelungen treffen.
Der Sonderaspekt DSD
Bonn, 17. März 2000. Ein Pressemitarbeiter des DSD hat dem im Auftrag des WDR recherchierenden Filmproduzenten Frank Durre nach dessen Bekunden Hilfe angeboten, „wenn es da finanzielle Probleme gäbe“. Da dieser Mitarbeiter, Herr Gunnar Sohn, den DSD im Oktober 1997 verlassen und sich anschließend mit öffentlicher Kritik am DSD hervorgetan hat, kann er für den PR-Rat in dieser Frage kein Gewährsmann sein. Das DSD kennt nach heutigem Wissensstand ein solches Angebot nicht.
Der Rat kann das Gegenteil nicht belegen. Er nimmt aber auch diesen Vorfall zum Anlass, alle Pressestellen vor dem Versuch der Korrumpierung von freien, im Auftrag von Sendern arbeitenden Produzenten zu warnen.