Ratsrüge gegen die PR-Agentur Salaction und ihre Auftraggeberin UFA-Sports
Der Vorfall:
Die PR-Agentur Salaction Public Relations GmbH hatte in einer Mitgliederversammlung des Hamburger Sport-Vereins am 22. 11. 1999 durch den gebrieften öffentlichen Auftritt eines Schauspielers und mehrerer vermutlich mit je 500 DM honorierter Personen eine von Vereinsgremien vorgeschlagene Satzungsänderung verhindern wollen. Der Schauspieler hatte sich dazu als langjähriges HSV-Mitglied ausgegeben, obwohl er erst 3 Tage vor dem Versammlungstermin beigetreten war. Sein Redetext war vier Tage vorher von der Agentur ausgearbeitet worden.
Die PR-Agentur handelte dabei im Auftrag des Sportrechte-Vermarkters UFA Sports. Diese hatte offenbar kein Interesse an einer institutionellen Stärkung des damaligen Clubgeschäftsführers und späteren Vorstands Werner Hackmann.
Das Urteil:
Bonn. 17. März 2000.Der verdeckte Einsatz fremdbestimmter Personen bei öffentlichen Veranstaltungen stellt eine arglistige Täuschung der Anwesenden und der Pressebeobachter dar. Der damit bezweckte Eingriff in demokratische Willensbildungsprozesse eines Vereins ist sittenwidrig. Der DRPR spricht daher gegen die Agentur Salaction Public Relations GmbH und ihre Auftraggeberin UFA Sports öffentliche Rügen aus. Grundlage dieses Spruchs ist Artikel 4 des Code de Lisbonne:
PR-Aktivitäten müssen offen durchgeführt werden; sie müssen leicht als solche erkennbar sein, eine klare Quellenbezeichnung tragen und dürfen Dritte nicht irreführen.
Die Urteilsbegründung:
Der PR-Rat legt seiner Entscheidung die Aussage des Mitgeschäftsführers der Agentur Fred Tiedemann gegenüber dem Nachrichtendienst text intern am 12. 1. 2000 zugrunde. Demnach räumte Herr Tiedemann das beanstandete Vorgehen ein. Der Pressesprecher von UFA Sports Rainer Thumann habe ihn beauftragt, eine Satzungsänderung beim HSV zu verhindern. Der UFA Sports-Pressesprecher habe die Agentur bis dahin „sowohl strategisch als auch operativ geführt“.
Diese strategische Führungsrolle ist daher auch für einen früheren Fall anzunehmen, über den ein Bericht des SPIEGEL vom 3. 1. 2000 vorliegt. Demnach hatte die Agentur über einen Mittelsmann bei dem UFA-Partner 1. FC Nürnberg die Personalentscheidung einer Mitgliederversammlung durch spezielle Pressearbeit zu beeinflussen versucht. Der PR-Rat kann in dem HSV-Vorfall daher keinen Einzelfall und in dem Verhalten des UFA Sport-Sprechers auch schwerlich „Alleingänge“ sehen.
Beide Beschuldigte bestritten, die geschilderten Aktionen intendiert und veranlasst zu haben. Damit setzen sie sich allerdings in Widerspruch zu allen dem Rat vorliegenden Presseberichten und den darin enthaltenen Stellungnahmen der HSV-Verantwortlichen und anderer Augenzeugen: BILD vom 28. 12. 99. vom 4. 1. 00., vom 7. 1. 00., vom 11. 1. 00. und vom 12. 1. 00., DER SPIEGEL vom 27. 12. 99. und 3. 1. 00., TAGESSPIEGEL vom 30. 12. 99 (die hier wiedergegebene sid-Meldung erschien in mehreren Zeitungen), dpa-Meldung vom 4. 1. 00., WELT vom 4. 1. 00., FAZ vom 5. 1. 00. und vom 11. 1. 00.,WamS vom 9. 1. 00., FOCUS vom 10. 1. 00., text intern vom 12. 1. 00., SZ vom 13. 1. 00., STERN vom 13. 1.00., HANDELSBLATT vom 14. 1. 00.
Auch die folgenden Maßnahmen des Sportrechte-Vermarkter UFA Sports sprechen für sich. Er hat sich den vorliegenden Presseberichten zufolge nach dem Bekanntwerden des Vorfalls beim HSV entschuldigt, sich von seinem Pressesprecher getrennt und innerhalb seiner Geschäftsführung die Zuständigkeit für den HSV geändert. Auch wurde die Zusammenarbeit zwischen UFA-Sports und salaction „aufgrund der Vorgänge um UFA-Sports und dem HSV, an denen salaction beteiligt war, einvernehmlich beendet.“ Darauf wies die Bertelsmann AG am 7. 1. 2000 in einem Pressestatement hin, in dem sie auch ihrerseits die Zusammenarbeit mit salaction für beendet erklärte.
Der PR-Rat kann bei seinen Urteilen nicht berücksichtigen, welche sozusagen schadensbegrenzenden Maßnahmen im Anschluss an solche Vorfälle seitens einer Geschäftsführung getroffen werden. Es steht ihm auch nicht zu, interne Verantwortlichkeiten resp. Eigenmächtigkeiten zu prüfen. Er kann in der Regel nur Organisationen, nicht aber Einzelpersonen in Organisationen rügen.