01 / 2001 Unzulässige Erfolgsgarantien

Abmahnung der PR-Agentur PMG Presse Media
 
Der Vorfall:
 
Der Deutsche Rat für Public Relations hat aufgrund der Beschwerde einer Pressestelle ein Verfahren wegen unzulässiger Garantieversprechen gegen die PR-Agentur PMG Presse Media Group, München, durchgeführt. Die Recherchen des PR-Rates bei verschiedenen deutschen Medien führten zu entschiedenen Abwehrreaktionen in der Presse. Ein Teil der angesprochenen Chefredakteure forderte die Agentur durch ihre Justitiare zur Unterlassung irreführender Titelnennungen auf und untersagten ihr die Behauptung, in ihren Blättern Artikel platzieren zu können. Die Agentur kam schließlich den Erwartungen des PR-Rates nach und änderte ihre Angebotstexte. Der Fall ist für den PR-Rat damit abgeschlossen. Sein Bericht wurde veröffentlicht. Bonn, den 5. Februar 2001.

 
Der Tatbestand:
 
Eine große Münchener PR-Agentur mit angeschlossenen Film-, Video-, Funk- und Nachrichtenproduktionen, Synchronproduktion und Musikproduktion hatte Pressestellen in der Wirtschaft redaktionelle Beiträge über Produkte und Informationen „in allen Medien“ angeboten. Sie offerierte dabei „mindestens 225 garantierte Abdrucke“, im vorliegenden Fall zusätzlich einen redaktionellen Beitrag in 12 bis 50 Rundfunksendern. Die Agentur fügte ihren Angeboten auf Wunsch einen Verteiler bei, der 120 Titel unter dem Rubrum „Fachpresse Wirtschaft“, 145 unter sonstige Fachpresse einschließlich Computerpresse, 48 unter Illustrierten und rund 400 Titel unter der Rubrik „Tages- und Wochenzeitungen“ anführte (mit teilweisen Doppelnennungen).
 
Da solche Garantien unzulässig sind, weil die Freiheit der Presse und der Medien durch die Vereinbarung von Zielen, Inhalten und Maßnahmen der PR nicht tangiert werden darf, griff der PR-Rat ein. Grundlage seines Verfahrens war Artikel 10 des für alle PR-Fachleute verbindlichen Code de Lisbonne: Public Relations-Fachleute dürfen keine vertraglichen Vereinbarungen eingehen, in denen sie ihrem Auftrag- oder Arbeitgeber messbare Erfolgsgarantien abgeben.

 
Rats-Recherchen:
 
Dem PR-Rat lagen für seine Beurteilung ein ausführliches Angebot der Agentur vom 13. 4. 2000 mit fünf unterschiedlichen, in ihrer Garantiesubstanz aber gleichen Varianten vor. Der angeschriebenen Pressestelle schickte die Agentur am 2. 5. 2000 eine Liste der Tages- und Wochenzeitungen, der Illustrierten und der Fachpresse zu, „mit denen wir zusammenarbeiten“. Auch diese 20 Seiten liegen dem PR-Rat vor.
 
Die Honorarforderungen der Münchener PR-Agentur beliefen sich im angeführten Angebot pro lancierten Redaktionsbeitrag auf 75.600 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Angesichts dieser hohen Summe für eine einzelne Presseaussendung erbat der PR-Rat beispielhaft für alle Medien von 20 Wirtschaftsredaktionen Auskunft über ihre Form der Zusammenarbeit mit der Agentur. Dabei wurde auf den Anlass der Recherche hingewiesen. 15 Medien haben geantwortet. Aus diesen Antworten sind die folgenden Schlussfolgerungen zu ziehen:
 
1. Bei keiner der 15 Redaktionen war die Firma bekannt, obwohl diese das in ihren Angeboten behauptet und sogar auf „penible Vor- und Nachkontakte bei den Fachredakteuren der verschiedenen Medien“ verwiesen hatte.
 
2. Keine dieser Redaktionen würde der Agentur einen Abdruck zusagen oder nur in Aussicht stellen. Sie würden ein solches Ansinnen vielmehr scharf zurückweisen.
 

Presse-Reaktionen:
 
Mehrere Redaktionen bzw. Verlage haben auf Grund der vorgelegten Befunde die PR-Agentur zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert, oder sie haben ihr untersagt, weiterhin zu behaupten, sie könne Artikel in ihren Medien platzieren. Andere haben ihre Redaktionsmitglieder gemahnt, Artikel freier Mitarbeiter oder von PR-Agenturen nur dann zu bringen, wenn damit eindeutig keine zusätzlichen Verabredungen verbunden sind. Der PR-Rat fügt Auszüge aus einigen der Antworten bei.

 
Die Argumentation der Agentur:
 
Die PR-Agentur argumentierte mit dem Hinweis, dass es sich nur um eine allgemeine Mengen- und keine Einzel-Garantie handele, also nicht um den garantierten Abdruck in einem bestimmten Presseerzeugnis. Der PR-Rat nimmt zu diesem Argument ausführlich Stellung, da es auch von anderen PR-Agenturen aufgegriffen werden könnte. Dabei geht es um die Auslegung von Angebotstexten, die entgegen der Agenturbehauptung bei Kunden zu irreführenden Vorstellungen führen können.
 
1. Zum Begriff Garantie: Im Agenturangebot wird von „garantierten Abdrucken“ gesprochen. Gegenüber dem PR-Rat wurde geltend gemacht, dass die Agentur-Leistung „lediglich in Aussicht gestellt“ werde. Auch gegenüber dem MANAGER MAGAZIN äußerte die Agentur, „dass lediglich aufgelistet werde, in welchen Medien der Artikel aufgrund der Agentur-Bemühungen erscheinen könne.“ Diese Lesart wäre aber ein anderer Sachverhalt als eine Garantie, und für Agentur-Kunden wäre sie eine andere Geschäftsgrundlage.
 
2. Zum Verständnis dieses Garantiebegriffs: Die Agentur machte geltend, dass ihre Angebote in dem Sinne verstanden worden seien, wie sie es unter Punkt 1 erläutert habe. Aber diese Angebote wurden von Angebotsempfängern, Pressestellen in der Wirtschaft, mit einer Beschwerde an den PR-Rat weitergeleitet. Das beweist, dass Pressestellen sie so verstanden haben, wie es der PR-Rat verhandelte.
 
3. Zur Substanz der Garantie: Der Wortlaut des Angebots („mindestens 225 garantierte Abdrucke“) enthält keine Mengen-, sondern 225 Einzelgarantien. Aber selbst bei einer reinen Mengengarantie würde die Agentur unzulässig handeln. Sie bringt durch ihre Begriffswahl die von ihr aufgelisteten Redaktionen, wie deren Reaktionen zeigen, in Misskredit: Wer immer eine von der Agentur lancierte Meldung wiedergibt, erweckt den Eindruck, sich auf eine Verabredung mit ihr eingelassen zu haben.

 
Korrektur des Agenturverhaltens:
 
Der beschuldigten Agentur wurden die Ermittlungen und Schlussfolgerungen des PR-Rates zur Kenntnis gegeben. Der PR-Rat forderte sie gleichzeitig auf, ihre Angebote in eindeutiger Weise zu korrigieren und frühere Verträge zu widerrufen.
 
Die Agentur, die anfänglich damit drohte, die Gerichte anzurufen, änderte daraufhin ihre Angebotsformulare mit Datum des 15.12.2000 und legte sie dem PR-Rat zur Prüfung vor. Da die Texte keine Garantieversprechen mehr enthielten, konnten sie am 22.12.2000 gebilligt werden. Sie sind in der neuen Form auch im Internet. Früher abgeschlossene laufende Verträge auf der monierten Vertragsbasis gibt es nach Auskunft der Agentur nicht. Sie seien alle bereits abgewickelt, so dass kein Handlungsbedarf hinsichtlich einer Abänderung bestehe. Für den PR-Rat ist dieser Fall damit abgeschlossen. Er wurde allen mit der Ratsrecherche vertrauten 20 Wirtschaftsredaktionen in der vorliegenden Form zur Kenntnis gegeben und über die PR-Presse den an PR Interessierten mitgeteilt.

 
Auszüge aus den Antworten der Chefredakteure bzw. ihrer Justitiare:
 
HANDELSBLATT: Weder das Unternehmen noch der Geschäftsführer (der Agentur) sind der Redaktion bekannt. Auch finden sich keine Hinweise in unserer Autorendatei, die wir nicht nur hinsichtlich des Namens, sondern auch mit Blick auf die Adresse überprüft haben.
 
KÖLNER STADTANZEIGER: Nach Rücksprache mit dem Chef vom Dienst des Kölner Stadtanzeigers darf ich Ihnen mitteilen, dass die Redaktion mit der von Ihnen genannten PR-Agentur nicht zusammenarbeitet.
 
WIRTSCHAFTSWOCHE: Selbstverständlich würde ich eine solche Garantie niemals erteilen. Sie würde gegen unseren Berufskodex verstoßen.
 
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG/ WIRTSCHAFT: Selbstverständlich haben wir noch keinem Informationsanbieter den Abdruck in unserem Wirtschaftsteil garantiert und werden das auch in Zukunft nicht tun.
 
SCHWÄBISCHE ZEITUNG: Eine Abdruckgarantie widerspricht den internen redaktionellen Regeln der Schwäbischen Zeitung. Eine Ignorierung dieser Regeln hätte sogar disziplinarische Schritte zur Folge.
 
STUTTGARTER NACHRICHTEN: Es entspricht unserem Selbstverständnis, dass PR-Artikel nicht in den Stuttgarter Nachrichten abgedruckt werden. Außerdem ist nicht vorstellbar, dass wir eine Abdruckgarantie geben könnten.
 
FRANKFURTER ALLGEMEINE/GESCHÄFTSFÜHRUNG: Mit Schreiben vom 27.10. 2000 geben Sie uns weitere Informationen. Danach ist selbstverständlich das Angebot der Agentur höchst sittenwidrig und auch für uns geschäftsschädigend, weil die Frankfurter Allgemeine Zeitung kein Medienpartner ist.
 
MANAGER MAGAZIN: Natürlich geben wir keine „Abdruckgarantien“. Keinem PR-Institut, auch nicht dem von Ihnen genannten.
 
SPIEGEL-VERLAG / MANAGER MAGAZIN-VERLAG: Ich habe die Agentur daraufhin namens der zur Verlagsgruppe gehörenden manager magazin Verlagsgesellschaft mbH und der Spiegel-Verlag Rudolf Augstein GmbH &Co. KG angeschrieben und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Danach dürfen sie künftig nicht mit Abdruckgarantien und dem dadurch erweckten Eindruck werben, es könne Einfluss auf die redaktionelle Gestaltung unserer Magazine genommen werden.
 
HAMBURGER MORGENPOST: Ich habe unseren Rechtsanwalt gebeten, dem Unternehmen zu untersagen, weiterhin zu behaupten, es könne Artikel in unserem Medium platzieren.
 
RHEINISCHER MERKUR: Ich habe der Agentur mit gleicher Post untersagt, mit dieser Abdruckgarantie bei uns zu werben.
 
FRANKFURTER RUNDSCHAU: Im Übrigen erscheint uns die von Ihnen sinngemäß angeführte „Abdruckgarantie“ äußerst dubios und für den redaktionellen Bereich der Frankfurter Rundschau obsolet.
 
MITTELDEUTSCHE ZEITUNG: Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sie (die Agentur) befugt ist, den Abdruck in unserer Zeitung ihren Kunden zu garantieren. Hier scheint es sich um einen missbräuchlichen Gebrauch des Namens der Mitteldeutschen Zeitung zu handeln.