Ratsmahnung im Fall Novartis
Der Vorfall
ANAGER MAGAZIN 11/03 wurde berichtet, dass Herr Ulrich Weiland im Auftrag der Novartis Pharma GmbH dem Axel Springer-Verlag „bis zu 300.000 EURO“ für Novartis-freundliche redaktionelle Berichte und Abbildungen angeboten haben soll. Träfe dies zu, so hätten er und Novartis gegen die Standesregeln der Öffentlichkeitsarbeit verstoßen.
Der DEUTSCHE RAT FÜR PUBLIC RELATIONS wurde daraufhin von mehreren PR-Leuten aufgefordert, diese Vorwürfe durch ein Ratsverfahren zu klären.
Ergebnis der Ermittlungen
1. Herr Weiland führt keine PR-Agentur, sondern eine Werbeagentur mit Schwerpunkt Handelswerbung. Er steht nach Auskunft des Verlagsgeschäftsführers Josef Propst seit vielen Jahren mit der Axel Springer AG in Geschäftsverbindung.
2. Herr Weiland ist nicht für Novartis Pharma tätig, was Frau Dr. Michaela Paudler-Debus, die Leiterin Kommunikation der Novartis Pharma GmbH dem PR-Rat bestätigte. Sie hat mitgeteilt, dass sie keine Geschäftskontakte mit Pro Planum unterhält und keinen Auftrag erteilt hatte, mit dem Springer-Verlag über Product PR zu verhandeln.
3. Herr Weiland hatte sich nach eigener Auskunft beim Springerverlag um eine Kontaktvermittlung „für eine Novartis-PR-Agentur“ bemüht. Nach Auskunft von Herrn Propst übergab er dazu einem Mitarbeiter des Hauses Springer das Konzept einer PR-Strategie für die Firma Novartis.
4. Nach Auskunft von Frau Dr. Paudler-Debus ist anzunehmen, dass diese PR-Agentur ohne Kenntnis von Novartis-Mitarbeitern gehandelt hat. Novartis beschäftigt 16 PR- und Werbeagenturen. „Welche davon an den Springer-Verlag herangetreten sein könnte, wäre Spekulation.“ Der Hinweis des MANAGER MAGAZINs, dass „die dunklen Deals selten von den Unternehmen selbst, sondern von PR-Agenturen, oft auf deren eigene Initiative eingefädelt werden“, trifft daher vermutlich auch in diesem Fall zu. Der Firma Novartis kann daher nach derzeitiger Einschätzung kein Fehlverhalten unterstellt werden.
5. „Gewährsleute“ meldeten dem MANAGER MAGAZIN, dass dem Springer-Geschäftsführer Josef Propst eine Summe von bis zu 300.000 E für Novartis-Schleichwerbung angeboten wurde. Die Szene wurde von MM-Redakteur Klaus Boldt anschaulich wiedergegeben, was Authentizität suggeriert. Zu diesem Vorgang äußerte sich Herr Propst auch auf Nachfrage nicht.
6. Nach Auskunft von Frau Dr. Paudler-Debus werden PR-Agenturen bei Arbeitsvorgesprächen keine konkreten Summen genannt. Man erwarte von den Agenturen vielmehr Projekt- und Kostenvoranschläge. Das kann so verstanden werden, dass die oben erwähnte Summe, so sie genannt wurde, nicht als Angebot von NOVARTIS vorgetragen werden konnte.
7. Ob es PR-Agenturen von Novartis grundsätzlich freigestellt ist, gegenüber Verlagen „mit bestimmten Summen zu operieren“, bleibt offen. Die Auskunft von Frau Paudler-Debus legt nahe, dass Novartis ein solches Vorgehen der Agenturen hinnimmt.
8. Das dem Springer-Verlag ausgehändigte PR-Konzept wurde nach Auskunft von Herrn Propst Herrn Weiland retourniert. An den Verfasser kann sich Herr Propst nicht mehr erinnern. Der PR-Rat bat daher Frau Dr. Paudler-Debus, ihm die Anschriften der 16 „Novartis-Agenturen“ zur Verfügung zu stellen, um diese selbst zu befragen. Vielleicht habe sich der Vorgang im Springerhaus ganz anders zugetragen, als das MANAGER MAGAZIN Herrn Weiland unterstellt. Schließlich soll der Bericht des MM-Redakteurs Klaus Boldt nach Herrn Weilands Auskunft mangelhaft recherchiert sein. Frau Dr. Paudler-Debus bestand darauf, dass es sich ihres Wissens nicht um eine „Novartis-Agentur“ gehandelt habe.
9. Fazit: Das vom MANAGER MAGAZIN beschriebene Schleichwerbungsangebot wurde vom Axel Springer-Verlag nicht bestätigt (aber auch nicht bestritten). Der Autor dieses mutmaßlichen Angebots ist aber nicht zu ermitteln. Der PR-Rat kann daher keine konkrete Rüge gegen eine einzelne Agentur aussprechen, sich wohl aber zu einer pauschalen Mahnung an alle Novartis-Agenturen entschließen. Die Ermittlungsergebnisse werden dazu in der hier vorliegenden Form veröffentlicht.
Öffentliche Mahnung des PR-Rats
Bonn, im Mai 2004 Unternehmen sollten niemals eine PR-Agentur ohne Auftrag für sich arbeiten lassen; sie sollten sich dieses geradezu verbitten;
+ Unternehmen sollten die von ihnen beauftragten Agenturen unter Wahrung der Kodizes führen und deren Einhaltung einfordern;
+ Agenturen sollten von sich aus Arbeiten ohne Auftrag ablehnen, sich also im Zweifel auch nicht ausbeuten lassen.