Freispruch für den Verband der Privaten Krankenversicherung
Der Vorfall:
Der Verband der Privaten Krankenversicherung PKV hatte Ende Oktober bei seinen 49 Mitgliedsfirmen eine Briefaktion angeregt, der zufolge die bei ihnen Privatversicherten an ihre Wahlkreisabgeordneten im Deutschen Bundestag schreiben und gegen die Auswirkungen der Gesundheitsreform auf ihre Krankenversicherung protestieren sollten. An dieser Aktion haben sich rund hunderttausend Versicherte und hunderte von Vertriebsmitarbeiter der Versicherungen beteiligt.
Bei einigen angeschriebenen Bundestagsabgeordneten waren Briefe mit Unterschriften von derselben Handschrift eingegangen. Sie erhoben daraufhin den Vorwurf der systematischen Täuschung.
Der Vorfall wurde dem PR-Rat vorgetragen. Ihm lagen für seine Beurteilung die vor der Aktion ausgegebenen Handlungsanleitung des Verbandes der Privaten Krankenversicherung an seine 49 Mitgliedsfirmen, die nach der Aktion um Aufklärung bemühten Sendschreiben des Verbandes an die Vorstände seiner Mitgliedsfirmen, die Kopie des SPIEGEL-Artikels 44/2006 S.130 und ein Kommentar des Pfefferschen PR-Newsletters vor. Der Ratsvorsitzende berichtete darüber hinaus von seinen Telefonaten mit Frau Ulrike Pott, Pressesprecherin des Verbandes, mit dem Vorstandsvorsitzenden einer an der Aktion beteiligten Krankenversicherung, mit Norbert Kunz, persönlicher Referent der MdB Andrea Wicklein und mit dem Redakteur Gerhard Pfeffer.
Das Urteil:
Bonn, 13.11.06. Der Deutsche Rat für Public Relations hat in seiner Sitzung am 10. 11. 2006. den Verband der Privaten Krankenversicherung PKV vom Vorwurf der massenhaften Täuschung von Bundestagsabgeordneten durch gefälschte Briefe freigesprochen. Eine Fehlerquote von 3 bis 4 gefälschten Unterschriften bei rund 100.000 Aussendungen legt nicht den Verdacht auf ein konzertiertes Vorgehen nahe.
Die Urteilsbegründung:
Der PR-Rat stellt fest, dass der Einsatz vorformulierter Briefe als Formulierungshilfen im Rahmen von Kampagnen grundsätzlich legitim ist. Werden dabei Unterschriften gefälscht, so ist solches Fehlverhalten zu ahnden. Die Ratsmitglieder erachten aber eine Fehlerquote von drei oder vier gefälschten Briefen bei rund 100.000 Aussendungen im Vergleich zu anderen inszenierten Aktionen als äußerst gering. Eine solche Fehlerquote lässt keineswegs die Annahme eines Versuchs der systematischen Täuschung zu. Auch enthielt die Handlungsanleitung des Verbandes keinen Hinweis auf eine solche Intention.
Als Urheber der offensichtlich wenigen Fälschungen können nach derzeitigem Kenntnisstand weder der Verband noch eine seiner Mitgliedsfirmen in Betracht kommen. Vermutlich geschahen die Unterschleife an der Basis aus Übereifer oder Lässigkeit von Vertriebsmitarbeitern. Der Rat spricht daher einstimmig den Verband von dem Vorwurf der massenhaften Täuschung aufgrund eines konzertierten Vorgehens frei.