03 / 2007 Schleichwerbung bei SAT 1

Rügen gegen MCM Klosterfrau Vertriebsgesellschaft für pharmazeutische und kosmetische Produkte und gegen Connect-TV
 
Unter dem Titel „Die Tessin-Connection“ berichtete die Süddeutsche Zeitung (SZ) am 28.9.2005 über 17 Fernsehbeiträge, die die PR-Agentur Connect -TV gemeinsam mit MCM Klosterfrau, einer Vertriebsgesellschaft für pharmazeutische und kosmetische Produkte, gestaltete. Pro Beitrag wurden rund 20.000 EUR an Connect-TV gezahlt, die davon jeweils 50 % als Gegenleistung für die Ausstrahlung an den Sender SAT.1 weiterreichte.
 
Die Geschäftsführung des Hauses Klosterfrau gab auf Nachfrage des Rates an, Zahlungen für den Erwerb der Nutzungsrechte an Fernsehbeiträgen gezahlt zu haben. Einen konkreten Einfluss auf die Sendebeiträge sei nicht genommen. Die Firma habe nur bei Rückfragen der SAT.1-Redakteure detailliertere Kommentare zu ihren eingesandten Presseunterlagen gegeben. Auch habe die Firma bis zum Zeitpunkt der Ratsrecherche angenommen, dass die „Zweitverwertungsrechte“ bei Connect-TV lagen.
 
Das Urteil
 
Berlin, 22. Februar 2007. Der DRPR sieht hier den Tatbestand unzulässiger Schleichwerbung als gegeben an.
 
Schleichwerbung stellt eine unzulässige Form der Zuschauerbeeinflussung dar. Sie ist nicht nur durch die Rundfunkstaatsverträge verboten. Auch der PR-Code de Lisbonne (Art. 4) und eine Verhaltensrichtlinie des DRPR zu Schleichwerbung und Product Placement gebieten offene und leicht als solche erkennbare Werbemaßnahmen.
 
Der DRPR spricht gegen die MCM Klosterfrau Vertriebsgesellschaft mbH wegen der nicht transparenten Platzierungen firmenbezogener Themen auf SAT.1 eine offizielle Rüge aus.
 
Die vermittelnde Agentur Connect-TV hat im vorliegenden Fall die erkennbare Unerfahrenheit des Hauses Klosterfrau im Umgang mit TV-Verwertungsrechten ausgenutzt. Sie trifft hier eine besondere Schuld. Ihr Verhalten rügt der Rat daher mit Nachdruck.
 
Die Urteilsbegründung
 
In dem oben angeführten SZ-Artikel vom 28.9.05. wird aus Rechnungen von Connect-TV an Klosterfrau, die der SZ-Redaktion vorliegen, zitiert: „Rechnung: über Leistung TV-Projekt SAT.1, Thema Erkältung / Nasik“. Die Geschäftsmodelle des TV-Vermittlers Connect-TV mit seinen Partnern glichen sich bis hin zum Honorar pro Einzelsendung. Sie wurden im Bericht der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland Pfalz vom 21.12.2005 detailliert beschrieben: Die Beiträge „durften redaktionell nicht weiter bearbeitet werden und die Sendetermine für ihre Ausstrahlung wurden ebenfalls von den Agenturen vorgegeben.“ SAT-1 erhielt wie von den anderen Geschäftspartnern der Connect-TV nachweisbar annähernd 50% der Honorare des Hauses Klosterfrau (einmal allerdings nur 20.000 EUR von gezahlten 45.000 EUR).
 
Bemerkenswert ist die Auskunft der Firma im Hinblick auf die erworbenen, aber offen-sichtlich keineswegs ausgenutzten Zweitverwertungsrechte: Sie seien intern umstritten gewesen. Es schien völlig offen gewesen zu sein, „ob derartige Beiträge für Außen- und Innendienstmotivation, Messe-Darstellungen etc als sinnvolle Maßnahmen angesehen werden können.“ Für den PR-Rat folgt daraus, dass der Erwerb dieser Rechte kein primäres Anliegen der Firma bei der Kooperation mit dem TV-Sender war. Er vermutet, dass dies in den anderen von ihm gerügten Fällen nicht viel anders war.
 
Der Sender SAT.1 ist für sein Fehlverhalten öffentlich bestraft worden. Alleine kann er aber nicht schuldig gewesen sein. Auch die mit ihm kooperierende Agentur Connect-TV wird nicht ohne Zustimmung ihrer Geschäftspartner gehandelt haben.
 
Das Haus Klosterfrau ist von dem beanstandeten Verhalten abgerückt. Es gab an, sich künftig an die Richtlinien des PR-Rates über Produkt Placement und Schleichwerbung zu halten.
 
Bezüglich der in Locarno residierenden, bis 2003 aber vornehmlich in Deutschland tätigen Connect-TV verweist der PR-Rat auf sein Urteil vom 18.12.06. Zum Zeitpunkt der Platzierungen stand diese Agentur unter der Leitung der deutschen Staatsbürger Wolf-gang Overthun und Hans-Joachim Müller und der Österreicherin Michaela Wölfler.