03/2009 Beschwerdekammer II – Akte – Leihbeamte: DAK + BMG

Ratsrüge gegen die DAK
 
Der Vorgang:
 
Ein Mitarbeiter der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) hat während seiner Entsendung in das Bundesgesundheitsministerium im Jahr 2006 vertrauliche Unterlagen zur Gesundheitsreform kopiert und nach außen weiter gegeben. Der Fall wurde vom Ministerium ausführlich auf der Regierungspressekonferenz am 27. November 2006 dargestellt. Die Krankenkasse erklärte abweichend, es habe sich um eine „Rückkoppelung“ gehandelt, die zum normalen Geschäftsgebaren gehöre. Die Weitergabe der Dokumente wurde damit von der Krankenkasse nicht bestritten, sondern anders
bewertet. Das Ministerium verfügt jedoch über eine Vertraulichkeitserklärung des betreffenden Mitarbeiters.
 
Das Urteil:
 
Berlin, den 26. März 2009: Das Vorgehen widerspricht den Kriterien des Deutschen Rates für Public Relations: Der Rat erkennt eine Verletzung des Ausschlussgebots miteinander konkurrierender Interessen und des Diskretionsgebots (Code de Lisbonne, Artikel 6 und 7). Der DRPR spricht deswegen gegen die DAK als Veranlasser der Indiskretion eine öffentliche Rüge aus. Er bezieht sich dabei auf den
 
Code de Lisbonne, Artikel 6 und 7:
 
Public Relations-Fachleute dürfen ohne ausdrückliche Zustimmung der betroffenen Auftrag- oder Arbeitgeber keine sich widersprechenden oder miteinander konkurrierenden Interessen vertreten.
 
Bei der Ausübung ihres Berufes bewahren Public Relations-Fachleute absolute Diskretion. Sie respektieren gewissenhaft das Berufsgeheimnis und geben insbesondere keine vertraulichen Informationen weiter, die sie von früheren, gegenwärtigen oder potentiellen Auftrag- oder Arbeitgebern erhalten haben. Die Weitergabe solcher Informationen ist nur mit ausdrücklicher Zustimmung der betreffenden Auftrag- oder Arbeitgeber zulässig.
 
Die Urteilsbegründung:
 
Der Sprecher des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), Klaus Vater, hat in der Regierungspressekonferenz vom 27. November 2006 den Verrat von vertraulichen Vorentwürfen eines Gesetzentwurfs durch einen entsandten Mitarbeiter der DAK an seinen Arbeitgeber offengelegt.
 
Diese Verletzung von Vertraulichkeitsverpflichtungen durch den entsandten Mitarbeiter der DAK widerspricht eindeutig den einschlägigen Kodizes, insbesondere Artikel 6 des Code de Lisbonne. Gerade bei der Entsendung sogenannter Leihbeamter in Ministerien ist Vertraulichkeit Grundlage für die Zusammenarbeit. Die Lieferungen dieses Mitarbeiters wurden in der DAK entgegengenommen – wenn nicht sogar beauftragt. Zugleich ist den Einlassungen der DAK zu entnehmen, dass es keinerlei interne Richtlinien für solche Entsendungen gab. Damit ist letztlich irrelevant, ob dieser Vorgang ohne Billigung der oberen Führungsebenen geschah oder nur von einigen Personen innerhalb der DAK betrieben wurde. Es liegt ein institutionelles Versagen vor, das diesen schweren Fall eines Interessenkonfliktes und seiner Ausnutzung möglich machte.
 
Auch wenn der Mitarbeiter der Krankenkasse im BMG fachlich gearbeitet hat, unterliegt er im Rahmen des „Seitenwechsel“ dem Code de Lisbonne, da es sich um ein Programm handelt, das den Informationsaustausch und das gegenseitige Verständnis zwischen Ministerien und Unternehmen fördern soll. Es ist somit für die beteiligten Unternehmen eine Lobbying-Maßnahme im klassischen Sinne.
 
Der Rat ist der Auffassung, dass das BMG alle erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen hatte und diese bewusst und vorsätzlich umgangen wurden. Dafür sprechen,
 
1. dass das Bundesgesundheitsministerium den Mitarbeiter zuvor eine Vertraulichkeitserklärung abgeben lies und zudem sicherstellte, dass nur die fachliche Expertise ins Gesetzgebungsverfahren einfloss, der Mitarbeiter aber nicht an der Formulierung des Entwurfs mitarbeitete und
 
2. dass das BMG den Vorfall sofort öffentlich machte und den Mitarbeiter zumindest beurlaubte. Dass der Mitarbeiter nach Bekanntwerden des Vertrauensbruchs nicht durch das BMG fristlos zurückgeschickt, sondern nur beurlaubt wurde, ist darauf zurückzuführen, dass man den Mitarbeiter schützen wollte, auf den offenbar durch die DAK Druck ausgeübt wurde.
 
Die Darstellung der DAK, dass dieses Verhalten auch bei anderen Kassen üblich sei und das BMG, namentlich Herr Vater, nur Politik betrieben habe, rechtfertigt weder die Vorfälle, noch erscheint die Argumentation schlüssig. Die DAK hat in ihrer Stellungnahme letztlich nicht die Frage beantwortet, ob der Sachverhalt falsch wiedergegeben wurde.
 
Die Schwere des Falles lässt nur die Rüge zu, die der Rat einstimmig ausspricht.
Das BMG trifft dagegen keine Schuld.