Ratsrüge gegen Allendorf Media AG/GmbH
Ratsbeschluss
Der Deutsche Rat für Public Relations (DRPR) hat sich eingehend mit dem Fall der verdeckten PR der Deutschen Bahn AG beschäftigt. Aufgrund des Umfangs des Gesamtkomplexes, der aus mehreren Einzelfällen besteht, sowie der mangelnden Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhaltes seitens der deutschen European Public Policy Advisers GmbH (EPPA) konnten am 22. Juni zunächst nur die Einzelfälle Deutsche Bahn AG und EPPA GmbH abschließend behandelt werden. Ein Ratsspruch gegen die Denkfabrik Berlinpolis e.V. und die Agentur Berlinpolis GmbH erfolgte am 24. August 2009.
Gegen alle drei Unternehmen wurde eine öffentliche Rüge ausgesprochen. Hiermit wird auch ein Ratsbeschluss in Bezug auf die Beteiligung der Allendorf Media AG, jetzt Allendorf Media GmbH, gefasst. Deren Geschäftsführerin Gaby Allendorf hat an der Aufklärung des Falls trotz mehrfacher Aufforderung nicht mitgewirkt.
Der DRPR spricht daher eine öffentliche Rüge aus:
Der DRPR rügt die Allendorf Media AG / GmbH für die Durchführung von Maßnahmen der verdeckten PR in unterschiedlichen Medien, insbesondere im Internet.
Es wird ein Verstoß gegen den Code de Lisbonne, Artikel 3, Artikel 4, Artikel 13 und Artikel 15 festgestellt. Des Weiteren wurde gegen die DRPR-Richtlinie zur Kontaktpflege im politischen Raum, insbesondere das Transparenzgebot (Punkte 1.1 bis 1.4), sowie das Redlichkeitsgebot (Punkte 2.2 und 2.4) verstoßen.
Berlin, den 7. September 2009
Die Vorfälle
Zwischen Februar und Dezember 2007 wurden durch die Deutsche Bahn AG Aufträge für mindestens 1,65 Millionen Euro an die EPPA GmbH erteilt, bei deren Umsetzung durchgängig die Nennung des Absenders der Kommunikation verschleiert wurde. Ziel war es, die Pläne zur Bahnprivatisierung medial zu stützen. Der Auftraggeber sollte bei diesen Aktivitäten nicht genannt werden.
Die verdeckte PR der Deutschen Bahn AG ist ein in seinem Umfang und seiner Tiefe sehr ernst zu nehmender Vorgang.
Die EPPA GmbH beauftragte mit der verdeckten PR u.a. die damalige Allendorf Media AG, zu der auch die Künstleragentur Allendorf Riehl GmbH als Tochterfirma gehörte.
Allendorf Media unterwanderte Foren und Blogs wie Brigitte.de und SPIEGEL ONLINE mit bahnfreundlichen Beiträgen. Bei SPIEGEL ONLINE wurden rund ein Viertel der Beiträge in drei bahnrelevanten Foren von Allendorf Media platziert – durchgängig ohne Nennung des Arbeit- bzw. Auftraggebers und unter Pseudonym.
Des Weiteren leistete Allendorf Media redaktionelle Unterstützung bei der von Berlinpolis betriebenen Webseite www.zukunftmobil.de, einem vermeintlich neutralen Forum. Allendorf Media steuerte hier Videomaterial über die Deutsche Bahn AG bei, wiederum ohne den Auftraggeber zu nennen. Auch wurden Radiobeiträgen im Sinne der Bahn vorproduziert und verbreitet.
Eine weitere Maßnahme der verdeckten PR stellte die Medienplatzierung von Personen des öffentlichen Lebens (Sat-1-Moderatorin Barbara Eligmann und der frühere RTL-Moderator Hans Meiser) durch die Tochterfirma und Künstleragentur Allendorf Riehl GmbH dar. Diese Personen äußerten sich u.a. in der BILD AM SONNTAG (Eligmann) und im RHEIN-RUHR-MAGAZIN (Meiser) positiv über die Bahn, nannten aber ihre Auftraggeber nicht. Die bahnfreundlichen Medienauftritte ihrer Klienten dokumentierte Allendorf für die Deutsche Bahn AG.
Begründung des Rates
Es wurden nachweislich verdeckte PR-Maßnahmen für die Deutsche Bahn AG durch Allendorf Media als Subunternehmen der EPPA GmbH durchgeführt. Dies zeigt sich in den detaillierten Rechenschaftsberichten von Allendorf Media, die der DRPR einsehen konnte bzw. die der Deutschen Bahn AG vorliegen.
Allendorf Media platzierte angeblich echte Blog- und Forumsbeiträge von Bürgern in verschiedenen deutschen Online-Medien. Des Weiteren wurde vorproduziertes Video- und Radiomaterial u.a. über das Portal www.zukunftmobil.de verbreitet und vermeintliche Prominente für die Berichterstattung pro Bahn eingesetzt. Inwiefern Eligmann und Meiser über den Auftrag der Deutschen Bahn AG Bescheid wussten, ob und wie viel Honorar sie dafür erhalten haben, bzw. und in welchen Medien außer den oben genannten weiteres Material platziert wurde, bleibt unklar. Vor allem letzteres ist der verdeckten PR immanent. Insofern kann der DRPR die Mitwirkung der beiden nicht eingehender betrachten und beschränkt sich hier auf die Rüge gegen Allendorf Media.
Der DRPR sieht die Tatsache, dass von Seiten der Allendorf Media auch nach mehrmaligem schriftlichen und telefonischen Nachfragen keine Hilfe bei der Aufklärung des Falls geleistet wurde, ebenfalls als kritikwürdig an. Es konnte nicht festgestellt werden, ob Allendorf Media inzwischen von dem offensichtlich verfolgten Geschäftsmodell der verdeckten PR Abstand genommen hat.
Die erwähnten Codices und Artikel im Wortlaut
Code de Lisbonne
Code de Lisbonne, Artikel 3: In der Ausübung ihres Berufes beweisen die Public Relations-Fachleute Aufrichtigkeit, moralische Integrität und Loyalität. Insbesondere dürfen sie keine Äußerungen und Informationen verwenden, die nach ihrem Wissen oder Erachten falsch oder irreführend sind. Im gleichen Sinn müssen sie vermeiden, dass sie – wenn auch unbeabsichtigt – Praktiken oder Mittel gebrauchen, die mit diesem Kodex unvereinbar sind.
Code de Lisbonne, Artikel 4: Public Relations-Aktivitäten müssen offen durchgeführt werden. Sie müssen leicht als solche erkennbar sein, eine klare Quellenbezeichnung tragen und dürfen Dritte nicht irreführen.
Code de Lisbonne, Artikel 13: Falls die Ausführung eines Public Relations-Mandates nach aller Voraussicht ein gravierendes Fehlverhalten und eine den Grundsätzen dieses Kodex widersprechende Vorgehensweise bedingen würde, müssen Public Relations-Fachleuten ihren Auftrag- oder Arbeitgeber unverzüglich unterrichten und ihn mit allen gebührenden Mitteln zu einer Respektierung der Grundsätze im Kodex veranlassen. Selbst wenn der Auftrag- oder Arbeitgeber weiter an seinem Vorsatz festhält, sind Public Relations-Fachleute ohne Rücksicht auf persönliche Konsequenzen verpflichtet, gemäß dem Kodex zu handeln.
Code de Lisbonne, Artikel 15: Jeder Versuch, die Öffentlichkeit oder ihre Repräsentanten zu täuschen, ist nicht zulässig.
DRPR-Richtlinie zur Kontaktpflege im politischen Raum
DRPR-Richtlinie zur Kontaktpflege im politischen Raum, 1. Transparenzgebot. 1.1 Das politische Kontakt- und Kommunikationsmanagement der im politischen Raum tätigen Unternehmen, Verbände, Stiftungen und sonstigen Organisationen zielt auf einen Personenkreis von Politikern und Beamten ab, der gegenüber Öffentlichkeiten rechenschaftspflichtig ist. Auch Public Affairs-Berater und Lobbyisten tragen daher dafür Sorge, dass ihre Organisation, ihre Interessen und ihre hauptsächliche Arbeitsweise (z.B. Lobbying, Pressearbeit, Veranstaltungen etc.) in geeigneter Weise öffentlich gemacht werden.
DRPR-Richtlinie zur Kontaktpflege im politischen Raum, 1. Transparenzgebot. 1.2 Public Affairs-Berater und Lobbyisten haben ihren politischen Gesprächspartnern ihre Auftraggeber sowie ihre und deren Interessen jeweils offen zu legen.
DRPR-Richtlinie zur Kontaktpflege im politischen Raum, 1. Transparenzgebot. 1.3 Nehmen Public Affairs-Berater und Lobbyisten an öffentlichen Diskussionen teil, die die Ziele der auftraggebenden Organisation berühren, so gilt die Pflicht zur Offenlegung des Auftraggebers und seiner Interessen auch gegenüber dem Diskussionspublikum. Dabei ist es unerheblich, unter welcher unverfänglichen Bezeichnung Public Affairs-Berater und Lobbyisten auftreten. Sie dürfen nicht durch eine vorgeblich neutrale Position ihre tatsächliche Funktion verschleiern.
DRPR-Richtlinie zur Kontaktpflege im politischen Raum, 1. Transparenzgebot. 1.4 Politische Kampagnen sind ein Instrument der Einflussnahme auf die öffentliche Meinungsbildung. Sie müssen daher offen geführt werden und die Grundsätze redlicher PR-Arbeit beachten. Auftraggeber müssen bei Presse-Anfragen genannt werden.
DRPR-Richtlinie zur Kontaktpflege im politischen Raum, 2. Redlichkeit. 2.2 Public Affairs-Berater und Lobbyisten werden ihren Auftraggebern von illegalen, unseriösen oder unsittlichen Vorhaben abraten. Sie werden entsprechende Aufträge zurückweisen.
DRPR-Richtlinie zur Kontaktpflege im politischen Raum, 2. Redlichkeit. 2.4 Public Affairs-Berater und Lobbyisten haben die ihnen anvertrauten Kenntnisse gegenüber Dritten vertraulich zu behandeln. Mitteilungen an die Öffentlichkeit sind mit Auftrag- oder Arbeitgebern abzustimmen. Es wird jedoch erwartet, dass Public Affairs-Berater und Lobbyisten dabei auch die Interessen der politischen Öffentlichkeit beachten. Die arglistige Täuschung von Öffentlichkeiten ist nicht statthaft.