Ratsrügen gegen BMWA und BASF AG
Externe Mitarbeiter in Ministerien und Behörden
Der Vorgang:
Ein Mitarbeiter der BASF AG war ab 2001 in die Generaldirektion Unternehmen der Europäischen Kommission und nachfolgend in das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit entsandt. Bei der Entsendung in die EU-Kommission bestand das Vertragsverhältnis mit seinem Arbeitgeber formal weiter, der Mitarbeiter wurde aber von der Kommission bezahlt. Während der Entsendung in das BMWA wurde der Mitarbeiter wieder direkt durch die BASF bezahlt.
An beiden Einsatzorten hat der Betreffende, der dem Rat namentlich bekannt ist, zur Chemikalienverordnung REACH gearbeitet. Konkret hat der Mitarbeiter sowohl die Kommission als auch das Wirtschaftsministerium nach außen vertreten, ohne sein weiter bestehendes Arbeits- bzw. Vertragsverhältnis mit der BASF deutlich zu machen. Beide Seiten haben den Sachverhalt eingeräumt, die Auftritte des Mitarbeiters im Namen der EU-Kommission und des Bundesministeriums sind belegt.
Das Urteil:
Berlin, den 26. März 2009: Der von der BASF entsandte Mitarbeiter hat seinen Status nachweislich nicht offen gelegt. Das BMWA hätte aufgrund seines Weisungsrechts dieses Verhalten untersagen müssen. Doch auch die BASF als Entsendeunternehmen hatte es zum Zeitpunkt der Entsendung versäumt, entsprechende Regelung zur Verhinderung solcher Vorfälle zu schaffen. Dies widerspricht den Transparenzkriterien des Deutschen Rates für Public Relations. Der DRPR spricht deswegen gegen beide Beteiligte, BASF wie BMWA, eine öffentliche Rüge aus. Er bezieht sich dabei auf das Transparenzgebot der DRPR-Richtlinie zur Kontaktpflege im öffentlichen Raum:
1.Transparenzgebot.
1.1 Das politische Kontakt- und Kommunikationsmanagement der im politischen Raum tätigen Unternehmen, Verbände, Stiftungen und sonstigen Organisationen zielt auf einen Personenkreis von Politikern und Beamten ab, der gegenüber Öffentlichkeiten rechenschaftspflichtig ist. Auch Public Affairs-Berater und Lobbyisten tragen daher dafür Sorge, dass ihre Organisation, ihre Interessen und ihre hauptsächliche Arbeitsweise (z.B. Lobbying, Pressearbeit, Veranstaltungen etc.) in geeigneter Weise öffentlich gemacht werden.
1.2 Public Affairs-Berater und Lobbyisten haben ihren politischen Gesprächspartnern ihre Auftraggeber sowie ihre und deren Interessen jeweils offen zu legen.
1.3 Nehmen Public Affairs-Berater und Lobbyisten an öffentlichen Diskussionen teil, die die Ziele der auftraggebenden Organisation berühren, so gilt die Pflicht zur Offenlegung des Auftraggebers und seiner Interessen auch gegenüber dem Diskussionspublikum. Dabei ist es unerheblich, unter welcher unverfänglichen Bezeichnung Public Affairs-Berater und Lobbyisten auftreten. Sie dürfen nicht durch eine vorgeblich neutrale Position ihre tatsächliche Funktion verschleiern.
und den Code de Lisbonne, Art.4:
„Public Relations-Aktivitäten müssen offen durchgeführt werden. Sie müssen leicht als solche erkennbar sein, eine klare Quellenbezeichnung tragen und dürfen Dritte nicht irreführen.“
Die Urteilsbegründung:
Der in das BMWA entsandte und von der BASF weiter bezahlte Mitarbeiter hat sich bei öffentlichen Auftritten für das Ministerium nicht als BASF-Mitarbeiter zu erkennen gegeben, sondern wurde vom BMWA als Mitarbeiter des Ministeriums präsentiert. Somit war durch andere beteiligte Personen nicht erkennbar, dass es sich nicht um einen regulären Mitarbeiter des Ministeriums handelte. Dieser Verstoß gegen das Transparenzgebot ist gleichermaßen dem Ministerium und der BASF AG anzulasten.
Beide Parteien haben den Sachverhalt weitgehend eingeräumt. BASF hat die Vorgänge intern allerdings unzureichend dokumentiert. Ein Vertrag mit dem BMWA liegt zwar vor, dieser regelt jedoch nicht die Fragen des Auftretens nach außen und der Kenntlichmachung des entsandten Mitarbeiters. Der BASF AG ist anzulasten, dass sie sich auf ungeklärte Verhältnisse einließ, den Mitarbeiter nicht mit Richtlinien ausgestattet hat und insgesamt keine Vorsorge getroffen hat. Dass der betreffende Mitarbeiter nach seiner Abordnung zur Europäischen Kommission am darauffolgenden Tag in Diensten der BASF ins BMWA entsandt wurde, legt nahe, dass im Hause BASF zumindest Überlegungen zur konkreten Ausgestaltung der Entsendung hätten angestellt werden können.
Das BMWA trifft jedoch eine größere Verantwortung, da es lebensfern erscheint, dass die zuständigen Mitarbeiter nicht in Kenntnis der öffentlichen Auftritte waren. Sie hätten hier als disziplinarische Behörde klare Anweisungen geben müssen.
Positiv ist das Lernverhalten von BMWA und vor allem der BASF AG anzuerkennen. Für das BMWA gilt nun die entsprechende BMI Richtlinie. Von BASF wurden verbindliche Richtlinien erlassen, die in der Tat Vorbildcharakter haben:
Die Entscheidung über Entsendungen ist zentralisiert worden, es gibt klare Richtlinien bezüglich Transparenz, Umgang mit Interessenkonflikten und dergleichen. Überdies sind die abgesendeten Mitarbeiter gehalten, immer einen BASF-Sticker zu tragen. Zudem wurde sichergestellt, dass die Abteilung Governmental Relations die Einhaltung der Richtlinien prüfen kann.
Lobend anzuerkennen ist auch, dass BASF mit dem Erlass dieser Richtlinien deutlich macht, dass es nicht um einen Rückzug aus der Zusammenarbeit von Wirtschaft und Politik geht. Vielmehr sollen Angriffsflächen und Grauzonen minimiert werden und die notwendige Transparenz geschaffen werden, die diese Zusammenarbeit erst legitimiert.