Präambel
Partizipation ist eine gesellschaftliche Erwartungshaltung, die längst nicht mehr allein gegenüber dem politischen System artikuliert, sondern auch zunehmend an Organisationen – insbesondere Unternehmen – herangetragen wird. Dabei vertreten mehr oder weniger organisierte Akteure häufig öffentlich ihre Interessen. In einer pluralistischen, demokratischen Gesellschaft handelt es sich hierbei um eine legitime, notwendige und begrüßenswerte Bereicherung des öffentlichen Diskurses. Organisationen und Unternehmen reagieren in einigen Fällen auf diese Erwartung, indem sie freiwillig Beteiligungsmaßnahmen anstoßen, die in der Berufsfeld-Diskussion als eines der Instrumente von „Akzeptanzkommunikation“ beschrieben werden. Diese freiwilligen, informellen Beteiligungsmaßnahmen sind Anwendungsbereich der vorliegenden Richtlinie. Ihnen ist eigen, dass in ihnen auch Interessen des Initiators vertreten werden können. In einer solchen Akteurskonstellation sind Interessenkonflikte zwischen Beteiligten und Auftraggebenden eines Beteiligungsverfahrens oftmals unumgänglich. Daher müssen für solche Maßnahmen hohe ethische Maßgaben gelten.
Grundlegend ist, dass diese Kommunikationsprozesse von einem Geist der gegenseitigen Wertschätzung und einem fairen Umgang miteinander geprägt sind. Dazu gehört im Besonderen das Gelten Lassen anderer Überzeugungen, Ideen, Perspektiven sowie der Respekt gegenüber allen Beteiligten und ihrer fachlichen und persönlichen Hintergründe. Wo möglich sind substanzielle Entscheidungsspielräume zu eröffnen, um dem berechtigten Partizipationsinteresse der Zivilgesellschaft nachzukommen.
Bei der Gestaltung von Beteiligungsprozessen handelt es sich um eine anspruchsvolle Kommunikationsaufgabe, die als wichtige Basis eine fachlich-kommunikationsspezifische Qualifikation erfordert. Um eine gute Praxis in diesem spezifischen Handlungsfeld zu sichern, sind über diese Grundsätze hinaus weitere, bisher nicht in den Kodizes des Berufsfeldes benannte Bestimmungen zu beachten, die im Folgenden geregelt werden.
Ziel dieser Richtlinie ist es, an freiwilligen Beteiligungsprozessen Beteiligten eine konkrete Beschwerdemöglichkeit zu bieten, die der DRPR nach Beratung entsprechend ahnden kann.
Transparenz und Verbindlichkeit
Beteiligungsprozesse sind frühzeitig zu initiieren, damit – wenn dies als Ziel des Verfahrens benannt wird – tatsächlich Einfluss genommen werden kann, bevor Entscheidungen über zu verhandelnde Sachverhalte getroffen werden. Beteiligungsprozesse, die pro forma umgesetzt werden, stellen eine Täuschung dar und sind zu unterlassen.
Es ist transparent zu machen, in welchem Maße durch die am Verfahren konkret Betroffenen Einfluss auf den verhandelten Gegenstand genommen werden kann. Verfahren, die reinen Informationscharakter haben, sind als solche zu kennzeichnen.
Neben der Absendertransparenz, die in jedem Fall gegeben sein muss, ist in Beteiligungsprozessen offenzulegen, wer den Prozess finanziert.
Im Beteiligungsprozess gegebene Zusagen des Auftraggebenden eines Beteiligungsprozesses (insbesondere mit Blick auf den zugesicherten Einfluss) müssen eingehalten werden, insofern sie im eigenen Wirkungskreis liegen. Müssen gegebene Zusagen aus zwingenden Gründen revidiert werden, sind die Beteiligten darüber transparent zu informieren.
Ergebnisse von Beteiligungsprozessen sind angemessen in den Entscheidungen der Initiator:innen zu berücksichtigen.
Inhalte und Prozesse der Beteiligung sind transparent zu machen und zu dokumentieren. Teilnehmende an Beteiligungsprozessen haben ein Recht darauf zu erfahren, inwiefern Beteiligungsergebnisse in Entscheidungen eingeflossen sind und inwiefern Beschlüsse aus Beteiligungsprozessen auch umgesetzt werden.
Vertraulich kommunizierte Informationen sind von allen Beteiligten vertraulich zu behandeln.
Zur professionellen und transparenten Umsetzung von Beteiligungsprozessen gehört auch eine zu veröffentlichende Evaluation des Prozesses, insbesondere mit einem Augenmerk darauf, ob berechtigte Interessen angemessen berücksichtigt sind.
Zugänglichkeit und Repräsentativität
In Partizipationsprozessen ist der Kreis der Beteiligten so zu gestalten, dass materiell wie ideell Betroffene angemessen repräsentiert sind.
Es ist transparent zu machen, wie die am Verfahren konkret Beteiligten ausgewählt wurden und inwiefern sie repräsentativ für alle Betroffenen/Anspruchsgruppen sind.
Durch umfassende Informationen müssen Betroffene in die Lage versetzt werden, partizipieren zu können.
Beteiligungsprozesse sind organisatorisch so anzulegen, dass Barrieren hinsichtlich des Zugangs vermieden werden. Dies betrifft besonders eine in Formulierung und Sprache verständliche Aufbereitung der notwendigen Informationen und Dokumente sowie die Wahl eines geeigneten Ortes bzw. einer geeigneten (digitalen) technologischen Plattform, die allen Menschen gleichberechtigt Zugang ermöglicht.
Die Richtlinie finden Sie hier als Dokument.