DRPR-Richtlinie zur ordnungsmäßigen Ad-hoc-Publizität

Präambel
Der Gesetzgeber hat jeden Emittenten von an einem organisierten Markt gehandelten Finanzinstrumenten verpflichtet, Insiderinformationen, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich zu veröffentlichen. Insiderinformationen sind definiert als konkrete Informationen über Umstände, die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Preis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Zu veröffentlichen sind diese Umstände, wenn sie eingetreten sind, oder wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass sie in Zukunft eintreten werden. Die erhebliche Kursrelevanz ist unter dem Aspekt zu erwägen, ob ein verständiger Anleger die Information bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde.

Die Veröffentlichung in der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Form dient der Vermeidung von Insidergeschäften, indem für erheblich kursrelevante Umstände bestmögliche Markttransparenz hergestellt wird. Für das Vertrauen der Anleger in eine zuverlässige und glaubwürdige Finanzberichterstattung und in die Integrität des Kapitalmarktes ist dies unerlässlich.

Im Interesse der Öffentlichkeit darf diese vom Gesetzgeber statuierte Verpflichtung nicht zu werblichen Mitteilungen missbraucht werden. Es ist unstatthaft, unter der Rubrik Ad-hoc-Mitteilung beliebige Inhalte – sei es aus Marketing oder PR bzw. aus der regulären Firmenberichterstattung – zu veröffentlichen. Erheblich kursrelevante Neuigkeiten vorzuspiegeln, die keine sind, führt Öffentlichkeiten in die Irre und stellt daher einen groben Verstoß gegen die guten Sitten der Finanzkommunikation dar.

Verstöße gegen die Ad-hoc-Publizitätspflicht werden nach den Regeln des Deutschen Rates für Public Relations öffentlich gerügt.

Die vier Gebote einer redlichen Ad-hoc-Publizität

1. Das Gebot, sich auf die relevante Information zu beschränken
Eine Ad-hoc-Publikation hat nur konkrete Informationen über erheblich kursrelevante und nicht öffentlich bekannte Umstände (sowohl Tatsachen als auch fundierte, hinreichend konkrete Prognosen, Werturteile oder Absichten) darzustellen und ist unverzüglich mitzuteilen. Angaben aus der regulären Finanzberichterstattung, aus dem Marketing bzw. der Öffentlichkeitsarbeit, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, zählen nicht dazu. So gilt vor allem:

1.1 Periodische Regelberichte (Quartals-, Zwischen- oder Jahresberichte) dürfen nicht zu Ad-hoc-Mitteilungen missbraucht werden. Ergibt sich bei ihrer Erarbeitung eine erheblich kursrelevante neue Information, so ist diese unverzüglich und nicht erst nach Fertigstellung des Berichtes zu veröffentlichen.

1.2 Eine Ad-hoc-Mitteilung darf nicht für sonstige, weitreichende Botschaften aus Werbetexten, PR-Prospekten oder Marketingkonzepten missbraucht werden.

1.3 Das kursrelevant Neue ist nur mit denjenigen Merkmalen darzustellen, die zum richtigen Verständnis ihrer Bedeutung erforderlich sind. Bei einem Firmenerwerb sind dies z.B. Branche, Umsatz und Ertragslage, nicht aber deren gesamte Marketingstrategie. Bei einer Liefervereinbarung ist es nur das Volumen der vereinbarten Lieferungen und Leistungen, nicht aber die ausführliche Produktbeschreibung.

2. Das Gebot, den Neuheitswert zu beachten
Es ist nicht statthaft, als neu darzustellen, was keine Neuigkeit darstellt. Presse und Anleger werden dadurch auf arglistige Weise irregeführt. So gilt vor allem:

2.1 Als neu können Informationen nur insoweit gelten, als sie nicht bereits angekündigt waren oder von Ankündigungen oder publizierten Prognosen abweichen. Um Anleger nicht irrezuführen, ist darauf hinzuweisen, inwieweit die kursrelevante Information bereits publiziert war.

2.2 Das unveränderte Ergebnis eines Unternehmens kann nur dann eine kursrelevante neue Information sein, wenn es von der Branchenentwicklung oder von bereits publizierten Prognosen oder Markterwartungen erheblich abweicht.

2.3 Eine publizierte Prognose ist zu korrigieren, sobald der Emittent deren erhebliche Fehlerhaftigkeit erkannt hat.

3. Das Gebot der Transparenz
Ad-hoc-Mitteilungen haben dem Gebot zu genügen, in allen Aussagen transparent und verständlich zu sein. So gilt vor allem:

3.1 Bei neuen Umständen oder Ereignissen können Hintergründe die kursrelevante Information darstellen. Sie sind dann bei der Veröffentlichung in gebotener Kürze mit anzuführen.

3.2 Es ist unzulässig, notwendige Bestandteile einer Ad-hoc-Pflichtmitteilung in gesonderte Publikationen zu verlagern. Die Ad-hoc-Mittelung muss eine in sich abgeschlossene, eigenständige Information sein.

3.3 Um die Vergleichbarkeit von Zahlenangaben sicherzustellen, sind stets die Vergleichszahlen der entsprechenden Vorperiode mit anzugeben. Auch auf eine Veränderung im Konsolidierungskreis oder einen Wechsel in der Bilanzierungsmethode ist hinzuweisen.

3.4 Sind die erheblich kursrelevanten Neuigkeiten überwiegend auf die Sonderentwicklung eines Segments oder eines Produktes zurückzuführen, so ist diese Sonderentwicklung als Begründung anzuführen.

4. Das Gebot, Irreführungen zu vermeiden
Es ist unstatthaft, missliche kursrelevante neue Entwicklungen durch redaktionelle Tricks zu verschleiern. So gilt vor allem:

4.1 Ad-hoc-Mitteilungen dürfen nicht durch irrelevante Inhalte oder Deutungen von einem als kursrelevant erachteten neuen Umstand ablenken.

4.2 Für Umstände, die noch nicht als kursrelevante Tatsachen realisiert sind, besteht nur dann eine Ad-hoc-Publizitätspflicht oder ein Ad-hoc-Publizitätsrecht, wenn ihre Realisierung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann.

4.3 Unwahre Informationen, die als Pflichtmitteilungen veröffentlicht wurden, sind sofort zu berichtigen, auch wenn sie nicht neu und/oder kursrelevant waren.

4.4 Aufgeschobene Pflichtveröffentlichungen werden zwingend publizitätspflichtig, wenn sie zum richtigen Verständnis einer anderen neuen Information wichtig sind, deren Veröffentlichung nicht aufgeschoben wird.

4.5 Negative Entwicklungen dürfen nicht durch den Wechsel von Kennzahlen oder durch Fantasiekennzahlen verschleiert werden.

4.6 Überschriften dürfen nicht vom Hauptinhalt ablenken oder diesen umdeuten.

Stand: 21.11.2005

Die Richtlinie finden Sie hier als Dokument.