Vorwort
Die „Ratsrichtlinie über Product Placement und Schleichwerbung“ wurde am 13. Oktober 2003 veröffentlicht. Bis heute konnten zahlreiche Ratsverfahren zu diesem Themenkomplex abgeschlossen werden. Schleichwerbung, insb. im Fernsehen, war in dieser Zeit ein Schwerpunktthema der Verfahren vor dem PR-Rat.
Mittlerweile hat sich das Thema in zweifacher Hinsicht weiterentwickelt. Erstens sind durch die technischen und kommunikativen Neuerungen vor allem im Internet weitere Möglichkeiten der Schleichwerbung entstanden. Zweitens hat es auf gesetzlicher Ebene eine Veränderung und Verdichtung der einschlägigen Vorschriften gegeben.
Aus diesen Gründen hat der DRPR seine Richtlinie aus dem Jahre 2003 komplett überarbeitet. Die neue Richtlinie fußt auf den gültigen PR-Kodizes und orientiert sich weitgehend an den aktuellen gesetzlichen Regelungen für die Medien.
Product Placement bspw. wurde durch die EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste vom 10.03.2010 und dem 13. Rundfunkstaatsvertrag in Verbindung mit der Werberichtlinie Fernsehen neu geregelt. Die neue Richtlinie zur Schleichwerbung unterscheidet sich insofern von ihrer ersten Fassung.
In Zeiten der Kommunikation über das Internet mit den Möglichkeiten der Anonymisierung bekommt das Thema Transparenz von bezahlten werblichen Inhalten eine besondere Bedeutung.
Die undurchsichtige Vorteilsgewährung an Medienvertreter zur Platzierung werblicher Themen und Inhalte widerspricht der Grundordnung unserer demokratischen Informationsgesellschaft und macht das Berufsfeld Public Relations unglaubwürdig.
Der PR-Rat appelliert daher gemeinsam mit seinen vier Trägerorganisationen DPRG, GPRA, BdP und degepol an alle PR-Praktizierenden, jede Form der Schleichwerbung zu unterlassen.
Berlin, Dezember 2011
Präambel
„Public Relations-Aktivitäten müssen offen durchgeführt werden.“ (Art. 4) „Jeder Versuch, die Öffentlichkeit oder ihre Repräsentanten zu täuschen, ist nicht zulässig.“ (Art. 15) Diese Stellen aus dem Code de Lisbonne sind zentrale normative Grundlagen für das Handeln aller PR-Praktizierenden gegenüber den Medien und ihren Mitarbeitern. Auf ihnen basiert auch die Selbstverpflichtung, jede Form der Schleichwerbung zu unterlassen.
Mit der Verschleierung des Absenders eines bezahlten Inhalts in den Medien geht regelmäßig der Versuch der Täuschung der Öffentlichkeit über die werblichen Absichten einer solchen Publikation einher. Dies stellt eine Manipulation der Allgemeinheit oder bestimmter Teilöffentlichkeiten dar und ist daher für eine demokratisch verfasste Informationsgesellschaft nicht akzeptabel.
Schleichwerbung stellt überdies die Glaubwürdigkeit des Berufsfelds sowie des gesamten Mediensystems infrage. Der DRPR wendet sich aufgrund seiner Zuständigkeit ausschließlich gegen eventuelles Fehlverhalten von PR-Praktizierenden, weist jedoch darauf hin, dass Schleichwerbung auch von Seiten der Medien und ihrer Vertreter geduldet, gefördert oder initiiert werden kann.
1. Kriterien für Schleichwerbung
1.1 Schleichwerbung liegt dann vor, wenn Medienvertretern als Gegenleistung für die Veröffentlichung eines Inhalts oder die Behandlung eines Themas in ihren Medien ein werthaltiger Vorteil gewährt und dies für die Mediennutzer nicht ausreichend gekennzeichnet wird.
1.2 Medien im Sinne dieser Richtlinie sind die Presse, der private und öffentlich-rechtliche Rundfunk, Telemedien insb. das Internet, audiovisuelle Mediendienste auf Abruf und künstlerische bzw. unterhaltende mediale Formen wie Film, Theater, Literatur, Musik.
1.3 Die Gewährung eines werthaltigen Vorteils ist gegeben, wenn mehr oder anderes als ein Produkt oder eine Leistung für rein redaktionelle Zwecke bereitgestellt wird. Dies gilt auch für indirekte Vorteilsgewährungen über Dritte oder bei andersartiger Deklaration der Vorteilsgewährung (Produktionskostenzuschüsse, Lizenz-, Nutzungsgebühren etc.) sowie für Bartering und Koppelgeschäfte.
1.4 Eine werbliche Veröffentlichung ist als solche ausreichend gekennzeichnet, wenn die Mediennutzer ausdrücklich unmittelbar in Zusammenhang mit der Information und ohne weitere Recherchen anstellen zu müssen auf die Gewährung einer Gegenleistung für die Veröffentlichung hingewiesen werden.
1.5 Die Nutzung Dritter (Vereinigung, Verein, Verband, Initiative, Agentur etc.) als Absender einer Veröffentlichung ist zulässig, wenn dies nicht zur Verschleierung des eigentlichen Absenders führt.
1.6 Hinweise auf Schleichwerbung können bspw. sein: die hohe Intensität der werblichen Darstellung, fehlende redaktionell-dramaturgische Rechtfertigung, fehlendes Informationsinteresse, fehlende Notwendigkeit zur Verdeutlichung eines Sachverhalts, unbegründete Alleinstellung, ungerechtfertigte Wahl von Themen, Unterthemen, Inhalten, jeweils in Verbindung mit einem anzunehmenden Nutzen für den Werbetreibenden.
2. Besondere Formen der Schleichwerbung
2.1 Werden Medienvertreter von PR-Leuten beauftragt (z. B. für Vorträge, Moderationen, Beratung) sind der Umfang, Wert und die Art der geschäftlichen Beziehung so zu gestalten, dass die Medienvertreter in ihrer redaktionellen Entscheidungsfreiheit nicht beeinträchtigt werden können. In jedem Fall ist eine solche Zusammenarbeit allgemein bzw. den relevanten Teilöffentlichkeiten dauerhaft bekannt zu machen.
2.2 Wird eine bekannte oder prominente Persönlichkeit als Testimonial oder sogenannter Botschafter beauftragt und eingesetzt, so muss diese geschäftliche Beziehung allgemein bzw. den relevanten Teilöffentlichkeiten zumindest für die Dauer der Zusammenarbeit bekannt gemacht werden. Der PR-Praktizierende hat die Persönlichkeit außerdem zu veranlassen, dass sie bei öffentlichen Auftritten im Auftragssinne den Veranstalter bzw. die Medien auf die geschäftliche Verbindung hinweist, sofern nicht eindeutig davon auszugehen ist, dass diese ohnehin allgemein bekannt ist.
2.3 Bezahltes Product Placement (Produktplatzierung) und Themenplacement in Rundfunksendungen und vergleichbaren Beiträgen auf Abruf sind nicht zulässig. Ausnahmen für Product Placement gelten allerdings bei fremdproduzierten Kinofilmen, Filmen, Serien, Sportsendungen und Sendungen der leichten Unterhaltung, aber nicht für Kindersendungen. Zulässige Produktplatzierungen dürfen das Programm nicht beeinflussen, nicht zu stark herausgestellt sein und nicht unmittelbar zum Kauf anregen. Sie sind zu kennzeichnen und transparent zu machen.
2.4 Die unbezahlte Platzierung von Produkten und Leistungen (Produktbeistellung), z. B. als Staffage, Produktionshilfen, Preise etc., ist in Rundfunksendungen und vergleichbaren Beiträgen auf Abruf nicht zulässig, wenn es sich um Nachrichten, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen, Ratgeber- und Verbrauchersendungen, Kindersendungen, Übertragungen von Gottesdiensten handelt. Produktbeistellungen gelten als Produktplatzierungen, sofern sie von bedeutendem Wert sind. Zulässige Produktbeistellungen sind zu kennzeichnen und transparent zu machen.
2.5 Grundsätzlich sind alle Einflussnahmen, die darauf abzielen, die freie Entscheidung der Medienvertreter über redaktionelle Inhalte zu beeinträchtigen, unzulässig.
3. Abgrenzung der PR von Schleichwerbung
3.1 Zu den originären Aufgaben der PR gehört es, redaktionelle Veröffentlichungen über Produkte, Inhalte und Themen in den Medien zu erreichen. Diese PR-Tätigkeit unterliegt dem freien und wünschenswerten Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Medien und ihrer Nutzer und ist daher konform mit dem gesellschaftlichen Zweck öffentlicher Kommunikation. Voraussetzung für ihre Zulässigkeit ist, dass keine weiteren Gegenleistungen für die Veröffentlichung gewährt werden und den Medien die freie Entscheidung über Art und Umfang der Veröffentlichung überlassen bleibt.
3.2 Unter gleichen Voraussetzungen ist es zulässig, den Medien im Rahmen dieser PR-Tätigkeit fertig vorproduziertes Material (Sendebeiträge, Presseartikel, Film- und Bildmaterial, Matern- bzw. Redaktionsdienste etc.) zur Verfügung zu stellen.
3.3 Werden den Medien bestimmte Waren oder Leistungen für Recherche oder Testzwecke zur Verfügung gestellt, ist dies ebenfalls ein legitimes Mittel der PR, soweit den Medien die freie Entscheidung über den Inhalt und den Umfang einer Veröffentlichung erhalten bleibt und der Wert des Produkts oder der Leistung nicht so hoch und seine Bereitstellung nicht so organisiert ist, dass den Medien oder ihren Mitarbeitern ein werthaltiger Vorteil entsteht.
Stand: 1.12.2011
Die Richtlinie finden Sie hier als Dokument.